Elena Rauch kaufte heimlich Avocados.

Weil wir uns in der Mitte des Januars befinden, bekanntlich die Zeit der langsam verblassenden guten Vorsätze: 40 Prozent der Deutschen zeigten in einer Umfrage „Interesse an veganer Ernährung“. Wie viele davon Eltern heranwachsender Kinder sind, sagt die Studie nicht, aber ich tippe auf einen Prozentsatz der, gegen 100 tendiert.

Ich weiß, wovon ich spreche. Teewurst aus Erbsenprotein, Hanfsamenbasierte Bratlinge, seidenfeine Seidentofuwürfel: In unserem Kühlschrank lagert stets ein Vorrat. Wenn sich der Nachwuchs kurzfristig zum Essen ansagt, was in Zeiten geschlossener Universitäten gerade häufig passiert, bin ich vorbereitet. Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, dass Kalbsschnitzel eine Zumutung sind, ein Thüringer Klops der Gipfel der Ignoranz.

Aber ach, wenn es so einfach wäre. Kürzlich zum Beispiel erwarb ich vier vorzügliche Avocados im Supermarkt. Ich legte sie schon mit schlechtem Gewissen auf das Kassenband, zu Hause versteckte ich sie konspirativ in einem Häufchen Äpfel aus biologischer Obstbaumhaltung.

Avocados sind zwar 100-prozentig vegan, aber das allein ist nicht genug. Für ein Kilogramm Avocados werden bis zu 2000 Liter Wasser am Tag verbraucht. Außerdem haben sie das Pech, nicht in Thüringen zu wachsen, weshalb sie auch noch klimaschädlich eingeflogen werden müssen. Avocados sind gewissermaßen das Brötchen mit Gehackten aus Massentierhaltung unter den Gemüsen.

Mit jeder Portion Guacamole wird mein ökologischer Fußabdruck tiefer. Das weiß ich seit einem gemeinsamen Abendessen bei Chili sin Carne. Eines dieser Gespräche, bei denen unsereiner unter den Tisch argumentiert wird und verzweifelt versucht, das Gesicht der eigenen Generation zu wahren. Immerhin haben wir Luis Corvalan freigekämpft, rief ich mit einem letzten Rest von Würde. Das beeidruckte nur eingeschränkt, das Kind kannte diesen Mann nicht.

Apropos: Nimm auf keinen Fall welche aus Chile, dort ist die Ökobilanz besonders schlimm, riet mir meine Schwägerin am Telefon. Sie kennt solche Diskussionen, ihr Sohn ist 16. Aha sagt ich nachdenklich, und begann zu googeln. Dabei stieß ich auf ein Rezept für Guacamole aus grünen Erbsen. Das also ist mit lebenslangem Lernen gemeint, wenn man Kinder hat. Darauf eine Hafermilch.