Erfurt. Die Galionsfigur des deutschen Technos kommt nach Erfurt. Sven Väth spielt beim ersten „OBN-Open-Air“ auf dem Petersberg.

Ganz weit oben. Da ist der Ansatz, den sich ein neues Open-Air-Projekt in Erfurt als Grundlage genommen hat. Egal ob Ort, Name oder Lineup – das OBN, wie es minimalistisch im Namen daherkommt, holt für den 26. Mai einen DJ nach Erfurt auf den Petersberg, der auf der internationalen Rangliste der Plattendreher ganz weit oben hausiert. DJ-Legende und Techno-Urvater Sven Väth gibt sich die Ehre und schiebt einen Besuch in der Thüringer Landeshauptstadt zwischen Gigs in Sao Paulo, Ibiza, Kopenhagen, Miami und Mexiko ein .

Sven Väth in Erfurt

Um das Ganze noch einmal einzuordnen: Sven Väth ist einer der wohl gefragtesten DJs weltweit. Tritt sonst nur auf Veranstaltungen auf, die von zehntausenden Menschen besucht werden und ist eben mal nicht so einfach in eine kleine Großstadt wie Erfurt zu komplimentieren. Er hat als Künstler die hiesige Clubkultur als Pionier der elektronischen Musik in Deutschland geprägt. Seit nunmehr über 40 Jahren steht Sven Väth für innovative Produktionen und außergewöhnliche Mixkünste. Damals Vinyl, heute Vinyl.

1981. Frankfurt. Hier fing alles an. Der 1964 in Offenbach am Main geborene Musiker startete seine Karriere in der legendären Diskothek „Dorian Gray“, in der er inspiriert durch die amerikanische Disko-Clubkultur ein neues Party-Verständnis in Deutschland entwickelte. Bis 1988 stand Sven Väth als Resident-DJ hinter den Plattenspielern des Dorian Gray. In diesen acht Jahren tauchte er in die Welt der elektronischen Musik ein und prägte den „Sound of Frankfurt“, der die elektronische Musik aus Deutschland in den 80ern weltweit salonfähig machte.

Als Gründer des Frankfurter Clubs Omen schrieb Väth Geschichte. Das Omen war einer der ersten Clubs in Deutschland der Techno- und House-Szene und fungierte als Blaupause für die elektronische Musikkultur der 90er. Mit dem Cocoon Club in Frankfurt am Main setzte sich der Star-DJ in den 2000ern endgültig ein Denkmal. Futuristisches Design und ein erdbebenerschütterndes Soundsystem sorgten dort für einen weiteren Klimax der Technokultur in Deutschland. Der Rest ist Geschichte, für die 2022 sogar das Museum of Modern Electronic Music (MOMEM) in Frankfurt geschaffen und mit Sven Väth als Galionsfigur eröffnet wurde.

Erstes OBN-Open-Air in Erfurt

Und somit ist eines klar: Dass das Aushängeschild der deutschen Techno-Revolution nach Erfurt kommt, stellt für viele ein bedeutendes Ereignis dar. Allen voran für die Organisatoren des Events. Neben dem DJ und Produzenten Sven UK aus Erfurt, der seit den 90ern die Clubkultur Thüringens prägt, tragen ebenso Tino Hoffmann, Paul Posse und Alexander Theis maßgeblich zur Organisation bei. Die Bedeutung des Väth-Auftrittes unterstreicht Sven UK mit den Worten: „Sven Väth war einer der Impulsgeber, die meine Liebe zum Techno maßgeblich beeinflussten.“

Aber nicht nur die beiden Namenszwillinge werden das OBN-Open-Air in Erfurt in ein sattes Soundgewand hüllen. Eine weitere Ikone der deutschen Rave-Kultur gibt sich am 26. Mai die Ehre. DJ Hell, der seit den 80er-Jahren musikalischen Eklektizismus und Innovation propagiert. Seine Arbeit an den Labels „International Deejay Gigolos“ und „Disko B“ sowie Alben wie „Munich Machine“ und „Teufelswerk“ unterstreichen seinen Einfluss auf die internationale Elektro-Szene.

Techno-Kultur in voller Breite

„Unser Open-Air verfolgt das Ziel, die Techno-Kultur in ihrer vollen Breite zu feiern und die Bedeutung dieser Musikrichtung in der Geschichte der Musik hervorzuheben“, erläutert Sven UK, der hinzufügt, dass der Erfolg des Festivals ein Ergebnis gemeinsamer Anstrengungen ist: „Das Festival ist ein Gemeinschaftswerk. Ohne Paul Posse, dem Gründer des Bandhaus Erfurt, Tino Hoffmann, der als Ideengeber und Kommunikator mit nationalen und internationalen Booking-Agenturen fungiert, sowie Alexander Theis, der als erfahrener Event-Manager agiert, wäre es in dieser Form nicht möglich gewesen“, so Sven, der anfügt: „Zusätzlich zu unserem neuen Format OBN wird es in diesem Jahr ein weiteres herausragendes Event geben“, führt der DJ aus und bezieht sich dabei auf die Veranstaltung ‚Bandhaus über Erfurt‘, die ebenfalls Größen der elektronischen Tanzmusik präsentiert. „Am 30. Juni bringen wir unter anderem die House-DJ-Legende Karotte sowie TokTok vs. Soffy O. auf den Petersberg.“ Letztere, bekannt für ihre energiegeladenen Electroclash-Auftritte, sollen gemeinsam mit der Band Norlyz und weiteren DJs den Petersberg zum Beben bringen.

Doch zunächst steht das OBN auf dem Plan. Von 14 bis 22 Uhr erwartet die Besucher und Besucherinnen dort eine satte Portion Techno-Hochkultur, die sich am Abend in eine Aftershowparty u. a. mit DJ Hell und dem lokalen DJ-Veteranen Mirko Sauer entlädt. Und wer jetzt Blut geleckt hat, muss schnell sein, denn laut Sven UK ist die Veranstaltung schon fast ausverkauft. Was eigentlich nicht verwunderlich ist, denn mit diesem Line-up und Projekt wird nicht tiefgestapelt – das OBN-Open-Air geht in vielerlei Hinsicht hoch hinaus.