Erfurter Chef-Stadtplaner kündigt deutlich mehr Einfamilienhäuser an

Holger Wetzel
| Lesedauer: 3 Minuten
In Erfurt sollen künftig deutlich mehr Einfamilienhäuser entstehen. Die Siedlungen werden aber anders aussehen als die klassischen Strukturen wie hier in Marbach (Archiv-Bild).

In Erfurt sollen künftig deutlich mehr Einfamilienhäuser entstehen. Die Siedlungen werden aber anders aussehen als die klassischen Strukturen wie hier in Marbach (Archiv-Bild).

Foto: Sascha Fromm

Erfurt.  Der Anteil von Einfamilienhäusern am Erfurter Wohnungsbau soll auf bis zu 50 Prozent steigen. Der Chef-Stadtplaner widerspricht damit vorangegangen MDR-Berichten.

In Erfurt werden nach Ansicht von Chef-Stadtplaner Paul Börsch künftig deutlich mehr Eigenheime entstehen. Der Anteil von Einfamilienhäusern an neuen Wohneinheiten werde von aktuell unter 20 Prozent auf bis zu 50 Prozent wachsen, sagt Börsch. Geschosswohnungsbau werde hingegen künftig weniger benötigt.

Börsch begründet den Strategiewechsel mit der gebremsten Einwohnerentwicklung, die er auf das Abwandern junger Familien ins Umland zurückführt. „Die Leute finden in Erfurt nicht mehr die richtigen Angebote für Einfamilienhäuser oder Wohneigentum“, sagt er. Diese Menschen mit attraktiven Angeboten in der Stadt zu halten, sei das Hauptziel einer neuen Wohnbedarfsanalyse, die im Frühjahr vorliegen soll.

Künftige Baugrundstücke könnten nur noch halb so groß sein

Der Leiter des Amtes für Stadtplanung und Stadtentwicklung meldet sich aus der Krankheit heraus, weil Aussagen, die er Anfang November in einem Interview getätigt hatte, in der Vorwoche sinnentstellend und stark verkürzt in Berichten des MDR wiedergegeben wurden. Die Berichte suggerierten, Börsch rege einen Verzicht der Stadt auf Eigenheime an und empfehle Bauwilligen, ins Umland abzuwandern.

„Das Gegenteil ist der Fall“, sagt der Amtsleiter. Was sich allerdings ändern werde, sei die Grundstücksgröße. Statt 500 bis 600 Quadratmeter werde sie künftig in vielen Fällen nur noch halb so groß sein.

Siedlungen mit Nahversorger und ÖPNV-Anschluss

Kompaktere Grundstücke ermöglichten es, sparsamer mit dem begrenzten Raum in der Landeshauptstadt umzugehen und führten dazu, dass weniger Fläche versiegelt wird. Eine dichtere Bebauung erhöhe zugleich die Chancen auf einen ÖPNV-Anschluss und die Ansiedlung von Nahversorgern. Nicht zuletzt habe die Konzentration auf kleinere Flächen wirtschaftliche Gründe.

„Grundstückspreise in Erfurt liegen ein Vielfaches über denen im Umland“, sagt Paul Börsch. „Wenn das Grundstück mehr kostet als der Hausbau, können es sich die meisten jungen Familien nicht leisten.“ Hinzu kämen die Erschließungskosten, die ebenfalls mit der Grundstücksgröße wachsen.

Die Freifläche soll optimal ausgenutzt werden

Ein kleineres Grundstück bedeute nicht weniger Lebensqualität. In klassischen Einfamilienhaus-Grundstücken würden Bereiche der Freiflächen etwa an den Seiten so gut wie nicht genutzt. „Der Anteil der Grünfläche kann so optimiert werden, dass die Bewohner ihn sehr gut nutzen können“, meint Börsch und hofft auf „eine neue Art von Gartenstädten“.

„Jedes Privatgrundstück soll hochwertige Freiflächen erhalten, Gärten mit Freisitzen und üppigen Bäumen“, sagt der Amtsleiter. „Aber nicht unbedingt an allen vier Seiten des Hauses, sondern an einer oder zwei Seiten.“ Aneinander angrenzende Gärten würden in dieser Form des Bauens ausgiebige Freiräume schaffen.

Doppelhaushälften oder moderne Reihenhäuser gehörten zu den Möglichkeiten, dieses Konzept umzusetzen. „Reihenhausanlagen wie aus den 90ern will aber kein Mensch mehr sehen“, weiß Paul Börsch.

Anschluss an Kultur und medizinische Versorgung

Kombiniert mit Holzbauweise werde eine „klimatisch und ökologisch gute Bilanz“ erreicht. Zugleich könne es Erfurt so schaffen, potenzielle Häuslebauer in der Stadt zu halten, weil die Kosten im Vergleich zum Umland konkurrenzfähig blieben. Darüber hinaus könnten die Bewohner durch den ÖPNV-Anschluss mindestens auf den Zweitwagen verzichten und genössen alle Vorteile der Großstadt wie das kulturelle Angebot, Shopping-Möglichkeiten und die medizinische Versorgung.