Erfurt. Verschoben hat der Krisenstab der Stadt Erfurt die Entscheidung, Großveranstaltungen zu untersagen: Dienstag werde die Corona-Gefahr neu bewertet.

Darf Schlagerstar Andrea Berg am Freitag in der Messe singen? Kann das Musical „Bibi & Tina“ am Donnerstag in die Thüringenhalle locken und der THC am Wochenende vor Publikum Handball spielen? Antworten darauf hat der Erfurter Corona-Krisenstab auf morgen, Dienstag, 10. März, vertagt. Erst wenn die Empfehlung von Gesundheitsminister Jens Spahn schriftlich vorliege, der eine Absage von Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern empfiehlt, werde über Konsequenzen in Erfurt neu entschieden, ließ Bürgermeisterin Anke Hofmann-Domke gestern mitteilen.

Im Saale-Orla-Kreis waren bereits gestern Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern verboten worden. In Erfurt soll neu entschieden werden, wenn Vorgaben aus Berlin schwarz auf weiß vorliegen. Unterdessen gibt es nur eine Empfehlung an Veranstalter, über eine Absage aus eigenem Antrieb nachzudenken und andernfalls für die nötige Hygiene zu sorgen, wie Stadtsprecher Daniel Baumbach sagt. Es gehe den Verantwortlichen der Stadt auch darum, das gesellschaftliche Leben in Erfurt nicht gänzlich zum Erliegen zu bringen.

Infektionsweg von 65-Jähriger bleibt ein Rätsel

Die behördlich registrierte Infektionslage in Erfurt blieb gestern unverändert: Zwei Verdachtsfälle seien „negativ getestet“, nur eine 65-jährige Frau, deren Corona-Infektion am Samstag bekannt geworden war, weist die Statistik für Erfurt aktuell aus. Ihr Infektionsweg allerdings stellt vor ein Rätsel: Die Frau, die sich in einem Krankenhaus in Quarantäne befindet, habe sich weder in einem Corona-Risikogebiet aufgehalten, noch Kontakt zu Menschen aus Risikogebieten gehabt.

Sie lebe zurückgezogen ohne Familie, habe ein Einzelbüro und nur wenige soziale Kontakte. Sie habe die Stadt auch nicht verlassen, was den Schluss nahelegt, dass es in Erfurt mindestens einen weiteren Corona-Erkrankten als „Patient Null“ geben muss, der von seiner Infektion vielleicht gar nichts weiß und sich in der Stadt bewegt, arbeitet und am Alltagsleben teilnimmt.

Keine Mediziner an der Hotline

Wo kann ich mich auf Corona testen lassen? Was tue ich, wenn mein Arbeitgeber nach meinem Südtirol-Urlaub einen Corona-Test verlangt? Aber auch Fragen nach einer möglichen Rückerstattung, sollte ein geplanter Konzert-Termin platzen, landen derzeit am städtischen Corona-Telefon. Mit der Empfehlung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vom Wochenende hat sich das Spektrum der Anfragen am Montag nochmals deutlich erweitert. „Meistens wird von uns auf die Praxis von Dr. Kielstein verwiesen, die Stützpunkte für Abstriche zum Test auf den Coronavirus eingerichtet hat“, sagt Stadtsprecher Daniel Baumbach, der am Montag selbst an der Corona-Hotline aushalf.

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Corona-Virus und die Folge für Thüringen

Dass etliche der Anrufer der städtischen Hotline ins Rathaus sogar von ihren Hausärzten an die Hotline verwiesen wurden, sorge hingegen für Irritationen: „Teils erreichen uns medizinische Anfragen, die wir natürlich nicht beantworten können“, so Baumbach. Schließlich rekrutiere sich die Telefon-Hotline aus einem etwa 30-köpfigen Kreis von Freiwilligen aus der Stadtverwaltung und aus allen Ämtern – von der städtischen Pressestelle über das Sozialamt bis hin zum Garten- und Friedhofsamt. Besetzt ist die Corona-Hotline unter 0361 / 655-26 76 62 zwischen 9 und 17 Uhr.

Die Abstrich-Stützpunkte am Moskauer Platz 15 und in der Melchendorfer Straße 1 waren „gut besucht“, wie Diana Hesse von der Praxis Dr. Kielstein sagt. Weit mehr als 300 Tests seien bereits erfolgt, die Auswertungen würden zentral in Göttingen erfolgen. Testpakete für Abstriche abholen könnten auch Angehörige von Erkrankten, Abwurfboxen für erfolgte Tests stünden bereit. 24 bis 48 Stunden dauere die Auswertung durch die Laborgemeinschaft. Per E-Mail wird bei Negativ-Tests informiert. Im Falle eines Corona-Nachweises erfolge ein Anruf, um weitere Abläufe mit dem Patienten zu erläutern. Die Praxis Dr. Kielstein hat ihrerseits eine Hotline unter 0361 / 6 01 09 30 eingerichtet. Hier können Fragen zu Behandlungsabläufen gestellt und gegebenenfalls Videosprechstunden vereinbart werden.

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