Erfurt. Anwohner, Kulturveranstalter, Stadtverwaltung und Polizei diskutieren über Kultur im öffentlichen Raum.

Einen Spontanpartyplatz könnte es ab nächstem Jahr in Erfurt geben. Das soll ein Ort sein, für den eine Veranstaltungsgenehmigung innerhalb von 24 Stunden ausgestellt werden kann. Die Ständige Kulturvertretung, Stadtverwaltung und Politik verhandeln seit zwei Jahren darüber, welcher Platz das sein könnte, der weder gegen Denkmalschutz noch Naturschutz verstößt und keine Anwohner stört.

„Klein Venedig“ ist kein Kandidat dafür, doch hier brachte die Ständige Kulturvertretung die Diskussion ins Rollen: Wie kann Kultur im öffentlichen Raum im Einklang mit den Einwohnerinteressen gestaltet werden? Mediatorin Sosan Azad aus Berlin gesellte sich am Donnerstag zu den Podiumsteilnehmern. Sie hat auch in anderen deutschen Großstädten die Erfahrung gemacht, dass Kultur oft mit Konflikten verbunden wird.

Kulturakteure wollen den öffentlichen Raum für Veranstaltungen der freien Kulturszene nutzen. Karina Halbauer von der Ständigen Kulturvertretung findet, Kultur sei „immer der Kitt der Gesellschaft. Wenn sie sogar sichtbar draußen ist, stellt sie auch oft die Vielfalt der Stadt dar“.

Von Sonntag bis Donnerstag gilt die Nachtruhe ab 22 Uhr

Anwohner wollen nachts Ruhe und sich in ihrer Wohngegend sicher fühlen. Sylvia Gille ist Sachbearbeiterin für musikalische und nächtliche Veranstaltungen bei der Stadtverwaltung Erfurt. Sie muss für die Anwohner eine Nachtruhe von mindestens acht Stunden sicherstellen. Das heißt, in den Zimmern der Anwohner darf die Lautstärke nicht höher als 40 Dezibel sein. Das entspricht der Lautstärke eines Flüstertons.

Doch wann beginnt die Nachtruhe? Von Sonntag bis Donnerstag gilt die Nachtruhe ab 22 Uhr. Die Ausnahme bilden hier Abende vor Feiertagen, die unter die Woche fallen. Für Freitage sowie Samstage kann die Stadtverwaltung auch Veranstaltungen im Freien bis 23 Uhr genehmigen. Später ist aber ausgeschlossen.

Karina Halbauer und Andreas Busch, Veranstalter in der Engelsburg und Organisator der „KurzTanzWanderung“, warfen ein, dass beispielsweise das Krämerbrückenfest, die Domstufenfestspiele oder Stadtteilfeste in Erfurt mitunter bis 2 Uhr nachts stattfinden. Die Begründung von Sylvia Gille dazu: Die genannten Feste sind „Veranstaltungen mit Kirmescharakter“ und zählen als Traditionsveranstaltungen. Da sie eine breite Masse ansprechen und seit Jahren etabliert sind, genießen sie Sonderrechte.

Mediatorin Sosan Azad ermutigte Anwohner und Stadtverwaltung dazu, auf die Bedürfnisse der jungen Bürger zu hören und Regelungen zu lockern. Kulturveranstalter wiederum sollten Empathie gegenüber den Menschen zeigen, die das Umfeld des Veranstaltungsortes ihr Zuhause nennen.