Erfurt. Die Wiedergründung der Universität Erfurt vor 25 Jahren wurde von der Universitätsgesellschaft auf den Weg gebracht.

Die Universität Erfurt kann sich gleich mit zwei Superlativen schmücken: Dank Ihres Gründungsprivilegs aus dem Jahre 1379 gilt sie als die älteste im heutigen Deutschland, dank ihrer Wiedergründung 1994 zugleich als die jüngste staatliche Einrichtung ihrer Art. Letzteres ist Anlass für die aktuellen Feierlichkeiten zum 25. Gründungsjubiläum.

Erfurt weist aber noch eine weitere Besonderheit auf: Es ist eine echte Bürgeruniversität. Die Gründung ging vom Stadtrat der selbstbewussten Mittelaltermetropole aus, während die meisten übrigen Universitäten von Fürsten ins Leben gerufen wurden. Die Wiedergründung verdankt sich maßgeblich einer Bürgerbewegung der späten DDR-Zeit, aus der die heutige Universitätsgesellschaft Erfurt hervorgegangen ist. Deren wichtige Rolle ist ein Vierteljahrhundert später jedoch ein wenig in Vergessenheit geraten.

Am 15. Oktober 1987 gründeten einige Erfurter Bürger um den Arzt Aribert Spiegler die Interessengemeinschaft (IG) „Alte Universität Erfurt“ im Kulturbund der DDR. Ihr Ziel war es, für das große 1250. Stadtjubiläum 1992 das Andenken an die 1816 geschlossene Universität und ihre Baudenkmale zu beleben. Mutig strebte man sogar eine Wiedergründung und die Rekonstruktion des im Krieg zerstörten Collegium maius an, des ehemaligen Hauptgebäudes in der Michaelisstraße.

Während der friedlichen Revolution 1989 spielte die IG eine wichtige Rolle. Am 10. Dezember organisierte sie die spektakuläre Aktion „Ein Bürgerwall für unsere Altstadt“, die den DDR-Stadtumbau stoppen sollte. Auch die von der SED skeptisch beäugte Idee der Wiedergründung rückte nun näher. Am 9. März 1990 veröffentlichte die IG ihren Aufruf für eine „Europäische Universität Erfurt“. Auf Initiative von Oberbürgermeister Manfred Ruge trat am 31. August 1990 ein Gründungsausschuss ins Leben.

Rasch gelang es, für das ambitionierte Vorhaben mit einer Fülle von Aktivitäten zu werben. Bundespräsident Richard von Weizsäcker bezeichnete es im Mai 1990 bei einem Besuch in Erfurt als einen „wahrhaft glücklichen Gedanken“. 1991 erkannte die Unesco das Vorhaben „Europäische Universität“ als Beitrag zur „Weltdekade für kulturelle Entwicklung“ an.

Die Bemühungen trugen bald Früchte: Am 1. Januar 1994 trat das vom Thüringer Landtag beschlossene Gesetz zur „Wiedergründung der Universität Erfurt“ in Kraft. In den folgenden Jahren wurde das ehrgeizige Projekt einer Reformuniversität auf dem Campus der 2001 integrierten Pädagogischen Hochschule an der Nordhäuser Straße mit Leben erfüllt.

Mit der Renaissance der „Alma mater Erfordensis“ war das Hauptziel verwirklicht. Freilich erzeugte der damit verbundene Funktionswechsel auch schmerzhafte Reibungen. Nach Ansicht vieler Aktivisten wurde die Gesellschaft von der Landesregierung nicht genügend einbezogen. Der Verkauf des Collegium maius durch die Stadt Erfurt an die Evangelische Kirche, die dort 2011 ihr Landeskirchenamt einweihte, hat das Ziel eines repräsentativen Universitätsgebäudes in der Altstadt verhindert. Trotz solcher Enttäuschungen, auch über die Schließung der Medizinischen Akademie 1993, blieben die meisten Mitglieder ihrer Sache treu. Der Rolle als Fördergesellschaft trug man 1995 mit einer neuen Satzung und der Umbenennung in „Universitätsgesellschaft Erfurt“ Rechnung, die rund zwei Jahrzehnte von Präsident Anselm Räder geleitet wurde.

Besondere Anstrengungen werden heute unternommen, um die Universität weiter im Bewusstsein der Bürger zu verankern. Dies geschieht nicht zuletzt durch vielfältige Pflege des großen Erbes. So konnte mit der Publikation „Erfurt – Die älteste und jüngste Universität Deutschlands“ die historische Ausnahmestellung weit verbreitet werden. Wichtige Veranstaltungsreihen sind etwa die Collegium-Maius-Abende, das Seniorenstudium „Erfurter Kolleg“ und die Uni-Bälle im Kaisersaal.