Erfurt. Neues Konzept: Kuratorin des Deutschen Gartenbaumuseums sieht viele Anknüpfungspunkte an aktuell-politische Themen

Sibylle Küttner führt an den Beratungstisch in das „Cheffinnen-Zimmer“, wie sie leicht verschmitzt sagt. Es ist nicht ihres. Im Januar wurde Egapark-Geschäftsführerin Kathrin Weiß zum Vorstand der Stiftung Deutsches Gartenbaumuseum bestellt. Gleichwohl trat zur selben Zeit Sibylle Küttner ihren Job im Museum an. Als Kuratorin ist sie auch Chefin in der Cyriaksburg – was die inhaltliche Arbeit angeht.

„Ich war geflasht vom Gebäude und dem Thema!“, erinnert sich Küttner. Das Haus kannte sie schon von einem früheren Besuch, aber als sie die Stellenausschreibung entdeckte, habe sie gleich viele Assoziationen gehabt, was man hier machen könnte. „Das Schöne am Museum ist, dass es eine sehr breite Zielgruppe hat – vom Kleingärtner bis zu den hippen Ökos, die sich politisch motiviert mit dem Thema beschäftigen.“

Diese Zielgruppe besser einzufangen oder auch mit neuen Angeboten zu bedienen, scheint der Ansatz von Sibylle Küttner zu sein. Jetzt, nach einem halben Jahr der Bestandsaufnahme und des Sondierens. Nun geht es darum, wie sich das Gartenbaumuseum sich zur Bundesgartenschau präsentiert. Denn das Jahr 2021 strahlt natürlich auch auf das Haus am Südeingang der Ega magisch aus. Das große Thema sei daher, die Dauerausstellung zu ertüchtigen. „Bisher hat sie eher einen erzählenden, darstellenden Charakter“, meint Küttner. Sie möchte mehr in einen Diskurs treten. „Mehr brisante Fragestellungen sollen die Besucher anregen, eigene Positionen zu finden.“ Der Gartenbau habe viele Facetten und ihn in seiner Komplexität zu vermitteln, sei schon eine Herausforderung. Aber auch beim Gartenbau lande man heute eben sehr schnell bei den tagespolitischen Themen. Den Klimawandel könne man heutzutage einfach nicht außen vor lassen. In ihren Überlegungen gibt sie aber noch nicht die Antworten, sondern stellt Fragen: „Wo kommt das Gemüse her? Richten wir damit was an, wenn es von weit weg kommt?“ Vielleicht gebe es ja Argumente für den Anbau in fernen Ländern? So etwas differenziert darzustellen, darin liege ein großes Potenzial des Deutschen Gartenbaumuseums. Und der Name vermittele ja schon an sich den Eindruck, dass das Erfurter Haus nicht auf der regionalen Ebene verharren könne. „Wir wollen aber nicht die Moralkeule schwingen, sondern zur Diskussion anregen“, bekräftigt noch einmal die Kuratorin.

20 Jahre Erfahrung als Museumsleiterin

Dass der Gartenbau bis Dezember nur eines von vielen Themen für sie war, erscheint Sibylle Küttner eher dienlich. „Da kommen Fragen auf, die jemand nicht stellt, der in dem Thema sehr tief drin steckt.“ Als Leiterin des Museums Starnberg, mit einem Schwerpunkt auf Regionalgeschichte aber eben auch einem zur Schifffahrt, sei sie thematisch sehr offen gewesen. Auch bei der Herangehensweise. Als etwa einmal das Thema Bauerngarten sie beschäftigte, sei sie auf das Erfurter Museum gestoßen und auch erstmals hierher gefahren. Womit wohl auch im Hinterkopf schon ein Kämmerchen damit belegt worden sein muss. „Museumsleiter sind Generalisten und flexibel“, meint Küttner und so sehe sie sich – nachdem sie sich in 20 Jahren Arbeit an Museen neben der Regional- auch mit Kolonialgeschichte und Denkmalpflege beschäftigt hat – bestens gewappnet für die Arbeit in Erfurt. Und verweist auf die Museologie, die sie unter anderem studiert hat.

Die Ausstellungen allein machen es aber noch nicht aus. Die Besucher müssten besser ins Haus finden. Ein Thema, dass ihr und Stiftungschefin Kathrin Weiß besonders am Herzen liegt. Rund zehn Prozent der Ega-Besucher sollten es sein, nennt Sibylle Küttner ein erstes Ziel. Ideen, wie man das schafft gebe es, aber keine spruchreifen Entscheidungen. Ein Plus an Besuchern könnten aber zahlreichere Veranstaltungen bringen. Mit dem „Grünen Salon“ sei ein Anfang gemacht. Aber auch kontroverse Themen wie das Stadtgrün könnten hier die Vorlage liefern. Und für die Sonderausstellungen denkt die Kuratorin an Themen mit einem weiteren Horizont. Und – dessen ist sich die Marburg ausgewachsene Museumsleiterin bewusst – natürlich ist auch die Bedeutung Erfurts für den Gartenbau eine echte Steilvorlage. Und selbst aus DDR-Zeiten gebe es noch viele Aspekte neu und spannend aufzubereiten.

„Dass ich hierher nach Erfurt gegangen bin, das habe ich keine Sekunde bereut!“