Erfurt. Katholisches Krankenhaus Erfurt bietet landesweit als erste Einrichtung Letzte-Hilfe-Kurse an.

Bewegende Momente gibt es auf der Palliativstation des Katholischen Krankenhauses viele. Kleine Gesten und Begegnungen. Beinahe täglich. Und dennoch ragt zu Beginn der Woche ein Moment noch einmal weit über das üblich-Besondere in der vierten Etage des Krankenhauses hinaus. Ein Mann, er ist um die 50 und lebt nun auf dieser Station, heiratet noch seine Partnerin, ehe es endgültig zu spät ist. Aus Liebe. Nichts anderes zählt mehr, jetzt, da das Leben zu Ende geht. Auch Oberarzt Kevean Mönchgesang und Schwester Mechthild Grotzke fühlen sich tief berührt von diesem ganz besonderen Zeichen einer sehr endlichen Liebe.

Der Palliativmediziner und die speziell ausgebildete Schwester wissen um die umfassende Schwere, die auf ihrer Station mitunter herrscht. Und vor allem um die Hilflosigkeit, die Angehörige und Freunde ereilt, wenn sie zu den Schwerstkranken auf diese besondere Station kommen. Denn hier ticken die Uhren anders. Hier wird nicht mehr versprochen, dem Leben mehr Tage zu geben. Aber den Tagen mehr Leben. Hier wird gelindert. Eine Chance auf Heilung gibt es nicht mehr.

Es ist Zufall, dass Mechthild Grotzke während einer Gesundheitsmesse in Bremen von speziellen Kursen zur letzten Hilfe hört. Erste Hilfe kennt sie, natürlich. Diese Kurse gibt es ab dem Schulalter. Aber letzte Hilfe?

Ja, warum nicht. Das Sterben gehört doch zum Leben. Sie erlebt während ihrer Arbeit, dass die wenigsten Menschen davon wissen oder wissen wollen. Wären diese Kurse nicht eine Chance, Laien ganz simple Handgriffe und Erleichterungen für Sterbende beizubringen? Und ihnen zu erklären, wie gut es wäre, das Sterben gemeinsam auszuhalten?

Bei Oberarzt Kevean Mönchgesang findet sie für ihren Vorschlag nach einem Kurs für Laien eine weit geöffnete Tür. Denn auch er hat von diesen Kursen gehört, die bereits in verschiedenen Bundesländern angeboten werden. „Jeder Mensch kommt mit dem Thema in Berührung, und doch ist das Lebensende unterpräsentiert“, weiß der Palliativmediziner.

„Und thüringenweit gibt es einfach derzeit gar nichts“, erkennt er. Mechthild Grotzke und Kevean Mönchgesang setzen sich zusammen. Was, wenn sie jene Kurse nach Thüringen holten, die es bereits in vielen anderen Bundesländern gibt?

Gedacht, gefragt, getan. Beide lassen sich zur Kursleitung für den „Letzte-Hilfe-Kurs“ ausbilden. Vier Stunden dauern diese Kurse, in denen über Tod und Sterben, Vorsorge, Leidenslinderung und Trauer gesprochen wird. „Zudem gibt es einige praktische Übungen“, erklärt Mechthild Grotzke. Damit meint sie beispielsweise die richtige Mundpflege und andere wohltuende Handgriffe.

In einigen Arztpraxen liegen bereits Flyer für die Kurse aus, und die ersten Anmeldungen gibt es auch schon. Fünf Kurse sind zunächst in diesem Jahr vorgesehen. Der erste findet am 28. Februar statt. Voraussetzungen für die Teilnahme gibt es nicht. „Aber mehr als 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind pro Kurs nicht möglich, damit wir in diesen vier Stunden jene Qualität geben können, die erforderlich ist“, so der Palliativmediziner. Zu der geforderten Qualität zählt auch, dass mindestens zwei Berufsgruppen diesen Kurs leiten. Denn über die Wirkung von Medikamenten weiß zwar der Mediziner mehr. Doch in der Pflege ist die Schwester oder der Pfleger die Fachkraft der besten Wahl. Zwei Palliativ-Care-Schwestern und Oberarzt Mönchgesang bieten nun also erstmals in Thüringen ganz praktische Tipps für die letzte Hilfe an, wie sie von der deutschlandweit agierenden „Letze-Hilfe“-Organisation angeboten wird. Es ist zu vermuten, dass viele Menschen daran interessiert sind, wie sie Angehörigen oder Freunden letzte gute Dienste in deren verlöschendem Leben geben können. „Wir rechnen mit einem Ansturm“, sind sich beide einig.

Eine Anmeldung ist über letzte-hilfe@kkh-erfurt.de möglich.