Erfurt. Restauratoren der Fachhochschule öffneten am Sonntag ihre Türen, um Einblick in das Studium zu gewähren

Kirschgummi, Eiklar, Fischleim, Gelatine, Hausenblase, Wachs, Stärke, Knochenleim, Hasenleim, Gummi arabicum – klingt wie die Zutatenliste aus einer Alchemistenküche. All das ist aber unverzichtbar für Restauratoren, wenn es darum geht, Klebewirkung mit den verschiedensten Materialien zu erzielen. Das erfuhr man, wenn man gestern die Gunst der Stunde, die der offenen Türen, nutzte. Die Fachhochschule Erfurt hatte eingeladen, sich selbst ein Bild von der Arbeit der Restauratoren, besser von der der Studenten, die einmal Restaurator werden möchten, zu machen.

Durch den 2. Europäischen Tages der Restaurierung war es möglich, einen Blick hinter jene Kulissen zu werfen, in denen versucht wird, Geschichten und Geschichte freizulegen, sichtbar zu machen, zu erhalten. Professorin Britta Schmutzler übernahm den Part der Führung. Sie ist eine von vier Professoren, die den Studiengang fachkundig begleiten. Sechs Semester Bachelorstudium, vier für den Master. Davor Aufnahmegespräch und ein Jahr Vorpraktikum. Die Auswahl ist penibel und unerbittlich. „Man braucht in diesem Beruf Interesse, Durchhaltevermögen, Sensibilität“, so die Professorin. Und unglaublich viel Fachwissen. Fast logisch: Die Restaurierung kommt nur für einen kleinen Personenkreis in Frage, deswegen sei es auch schwierig, geeignete Bewerber für das Studium zu bekommen, so Schmutzler.

Auf der anderen Seite stehe Kulturgut ohne Ende und zerstörte Kulturlandschaften, zum Beispiel aktuell in Syrien. Man muss den Menschen dort die Quelle ihrer Identifikation zurückgeben. Auch dazu sei dieser 2. Tag der Restaurierung gedacht, so die Professorin.

25 Masterstundenten hat die Fachhochschule Erfurt derzeit. Sie haben sich durchgesetzt mit jener Begeisterung, Motivation Lernwilligkeit, gepaart mit manuellen Fähigkeiten, die man als Restaurator unbedingt braucht. Wer das Tätigkeitsfeld der Studierenden gestern aus nächster Nähe in Augenschein nehmen konnte, bekam einen Eindruck von der Vielfalt und Komplexität dieser Tätigkeit.

Berührungsfrei und ohne etwas zu zerstören

Die Professorin zeigte Besteck und Geschirr, das man bei Grabungen im ehemaligen KZ Buchenwald gefunden hatte. Und sie erklärte, warum man die dicke Patina eines Löffels nicht entfernt habe. Weil es sonst nur ein blanker Löffel sei, ohne Geschichte und ohne Bedeutung.

Zu sehen war in den Labors auch eine große Steinskulptur, teilweise überzogen mit schwarzer Patina. Die, so erfuhr man, könne mittels Lasertechnik entfernt werden, ohne das Material in Mitleidenschaft zu ziehen.

Anders sah es dann in einem der Labors mit einem rund 400 Jahre alten Degen aus, den man bei Ausgrabungen in einer Gruft gefunden hatte. Er war in mehrere Teile zerbrochen und doch für die Gelehrten von großem Interesse, konnte man daran doch tatsächlich an Holz und Metall noch Anhaftungen von Samt finden. Zu retten ist das Stück indes nicht mehr. Die Schäden sind zu groß, eine sinnvolle Rekonstruktion ist nicht gegeben. Der Degen wird nach Abschluss der restauratorischen Untersuchungen wieder in die Gruft gelegt. Man kann nicht alles aufheben. Ähnlich, so war zu erfahren, verfährt man nicht selten mit menschlichen Gebeinen, die nach eingehender Untersuchung und dem daraus resultierenden Erkenntnisgewinn zur wirklich letzten Ruhe gebettet werden.

Zuvor indes können die Experten mittels 3D-Computertomografie alles exakt rekonstruieren und dokumentieren. Zerstörungsfrei und berührungsfrei feiern die Gegenstände und Objekte ihre virtuelle Auferstehung. Die Möglichkeiten seien unendlich, begeisterte sich die Gelehrte. Seit 2010 etwa habe man mit dieser Technologie riesengroße Fortschritte erzielt.

Um schnöde Naturmaterialien wie Kirschleim, Stärke, Eiklar, Wachs und Gelatine kommt aber auch künftig ein Restaurator definitiv herum.