Erfurt. Radentscheid-Initiative will dem Verkehr für Radfahrer in Erfurt sicherer und attraktiver gestaltet wissen

Sechs Forderungen für den Radverkehr in Erfurt notiert hat die Initiative Radentscheid, die sich am Dienstag im Augustinerkloster der Diskussion dazu stellte. Ganz oben steht der Wunsch nach einem durchgängigen Radwegenetz. Jährlich fünf neue Kilometer an Radwegen und drei sicherer gemachte Kreuzungen sind Forderung zwei und drei. Barrierefreie Rad- und Fußwege, jährlich 600 neue Abstellanlagen für Fahrräder und ein mit besonderen Kompetenzen ausgestatteter Radverkehrsbeauftragter im Rathaus gehören zum Forderungskatalog, den die Akteure von ADFC, VCD, Fachschaft der FH, BUND sowie Einzelpersonen zusammengestellt haben. Das alles mit dem Ziel, den sechs Punkten mit einem „Radentscheid“ als Bürgerentscheid zur Umsetzung zu verhelfen. Gut 50 Personen nahmen an der Debatte im Augustinerkloster teil. Es wird nicht die letzte gewesen sein.

Ein Dreivierteljahr laufen schon die Vorbereitungen, ausgehend von der europäischen Mobilitätswoche, und sie werden wohl noch einige Monate in Anspruch nehmen, zeigte der Abend. Ehe es zu einem möglichen „Radentscheid“ kommt, sind noch viele Details und juristische Fragen zu klären.

Frust über die aktuelle Situation gibt es reichlich. Pläne zur Verbesserung sind zwar dem Verkehrsentwicklungsplan samt Radverkehrskonzept zu entnehmen – beschlossen bereits im Jahr 2014 – doch das Tiefbauamt hatte erst unlängst signalisiert, das darin festgelegte Tempo nicht halten zu können. Dass im Dezember 2018 der Stadtrat nochmals einen Beschluss zur Bestärkung der Pläne gefasst hatte, geht daher offenbar ins Leere, scheitert möglicherweise an Personalmangel in den Amtsstuben.

Zudem lasse der Abarbeitungsstand einer langen Mängelliste des ADFC, aufgestellt 2011, sehr zu wünschen übrig. Außer einer Markierung der für Radfahrer oft gefährlichen Poller sei nur wenig passiert, kritisiert beispielsweise Thomas Engel vom ADFC.

Zugeparkte Radwege, wirre Wegeführungen, Konfliktpotenzial an Ampeln – Kritik am Ist-Zustand gibt es reichlich. Bordsteinkanten seien oft nicht abgesenkt, bisweilen stehen Lichtmasten mitten auf dem Radweg.

Ausreichend breit müssten künftige Radwege sein, Kinder als Radfahrer geschult werden und der Radverkehr auch bei Baustellenumleitungen stärker Berücksichtigung finden – so lauteten Forderungen aus dem Publikum in der von Robert Bednarsky (BUND) moderierten Runde. Überlegt werden müsse auch, ob von zwei Autospuren nicht jeweils eine für den Radverkehr reserviert werden könne.

Was alles an einem Bürgerbegehren und daraus folgendem Bürgerentscheid hängt, welche Fallstricke das Verfahren bietet und welche Formalitäten es zu beachten gilt, darüber informierte Christine Beckert die Runde. Das Bürgerbegehren der von ihr vertretenen Initiative „Stadtbäume statt Leerräume“ war erst jüngst von der Stadtverwaltung als unzulässig abgelehnt worden. Die Initiative will das Begehren gerichtlich erstreiten.

Problematisch scheint ein „Radentscheid“ gleich aus mehreren Gründen: Nicht für alle baulichen Veränderungen ist tatsächlich die Stadtverwaltung verantwortlich, manches zählt zum sogenannten übertragenen Wirkungskreis. Zu anderen Punkten des Forderungskataloges hat der Stadtrat teils bereits vor weit mehr als vier Wochen Beschlüsse gefasst, damit sind diese ebenfalls für ein Bürgerbegehren hinfällig. Bednarsky kündigte auch deshalb weiteren Gesprächsbedarf im Initiativkreis an.

Verhallen die Wünsche am Ende wirkungslos?

Und über allem schwebt die Frage: Wenn schon der Stadtrat sich in Sachen Radverkehr bemüht und Beschlüsse für weitere Verbesserungen gefasst hat, allerdings nur wenig in der Umsetzung passiert: Was soll da überhaupt ein Bürgerentscheid bringen? Kann der tatsächlich mehr bewirken, wenn die Verwaltung sich schon jetzt zur Umsetzung außer Stande sieht?

Offen ist auch die Frage, wann mit der Sammlung der mindestens 7000 benötigten Unterschriften begonnen werden soll. Voraussichtlich, so kündigte Bednarsky an, laufe die Aktion auf das Frühjahr hinaus.