Erfurt. Das Erfurter Kolleg endete am Freitag mit einem Festvortrag von Bernhard Vogel und der Übergabe der Zertifikate

Die fünf jungen Studenten des Fachbereichs Musik der Universität Erfurt wirkten anfangs etwas irritiert: Am Freitag begleiteten sie im Rathausfestsaal mit der Suite Buenos Aires die Abschlussfeier des Sommersemesters. Dabei saßen sie lauter Alten als „Studenten“ gegenüber.

222 Teilnehmer besuchten die zwei Gasthörerreihen vom Erfurter Kolleg, ein Lernangebot im Alter. Die Nachfrage ist steigend, sagte Markus Hirche von der Universitätsgesellschaft Erfurt. Er verweist auf die hochwertigen Vorträge, die diesmal unter dem Motto „25 Jahre Universität“ standen und Ehemalige – Doktoranden, Professoren, Vize-Präsidenten – an die Hochschule zurückführten.

„Am weitesten gereist ist dafür Prof. Dr. Barbara Thériault von der Université Montréal“, sagte Dr. Maria Stürzebecher, Vizepräsidentin der Universitätsgesellschaft. Zeitlich am weitesten zurück führte Prof. Dr. Kai Brodersen seine Zuhörer mit einer verblüffend anschaulichen Reiseschilderung anno 333 nach Jerusalem durchs römische Reich. Zu deutschen Frauen in den Südsee-Kolonien des Kaiserreichs unterwegs waren die Kolleg-Hörer mit Dr. Livia Rigotti. Ihre Doktorarbeit entstand in Erfurt.

Erfurt im Mittelalter entdecken konnte man aus dem Blickwinkel der Kirchen, Klöster und Stifte mit Prof. Dr. Karl Heinemeyer, bis hin zu den daraus gewachsenen Schulstrukturen. Letztlich schlug er – weitgefasst – damit auch den Bogen zur Anbahnung einer Universität in Erfurt.

Im universitären Bereich wimmelt es von Doktor- und Professorentiteln. Als Doktor im medizinischen Sinne hielt am Gesundheitstag der Universität diesmal Holger Kaftan den gemeinsamen Vortrag als Chefarzt der HNO-Klinik am Helios Klinikum Erfurt – übers (Zu-)Hören und den Bauplan sowie krankhafte Störungen der dazu benötigten Organe.

Gemeinsam erlebten die Kolleg-Teilnehmer beider Reihen auch den Eröffnungsvortrag des Soziologie-Professors Wolfgang Schluchter. Er führte in die Zeit der Revolution von 1918/19 nach Erfurt – zu Max Weber. Das Kolleg gleichen Namens baute er als Gründungsdekan mit auf. Exkursionen führten in die Forschungsbibliothek nach Gotha und zum Naumburger Dom.

Das Kabarett „Die Arche“ bot eine Extra-Vorstellung anlässlich ihres Jubiläums 40 Jahre. Bea, Ulf und Björn fragten in den Raum „Wie lange machen sie es noch?“, vielleicht mit Bezug auf sich selbst oder gemünzt auf die nimmermüden Alters-Studierenden… Für die ist das Kolleg der Brückenschlag zwischen Unterhaltung und Bildung: immer geistig anregend, informativ, dazu gesellig.

Beispiel: das Semester-Finale. Es gab zwei Vorträge, Gastreden, ein Resümee der vergangenen drei Monate, Musik, Sekt und Zertifikate. Carmen Hildebrandt, Geschäftsführerin der Erfurt Tourismus und Marketing GmbH, betonte, dass der Hochschulstandort Erfurt ein Vermarktungs-Plus für Erfurt sei. Und unter den 10.000 Studierenden stehe das Erfurter Kolleg für die „heutige gut gebildete Bürgerschaft“. Ihr Lernort ist die Universität. Auf deren Neugründung vor 25 Jahren ging Bernhard Vogel, damals Thüringer Ministerpräsident und politischer Ansprechpartner auch für die Erfurter Bürgerinitiative, ein. Er benannte die Hürden, beginnend bei der gesellschaftlich turbulenten Zeit bis hin zu einem geringen Interesse bundesweit sowie beim Wissenschaftsrat. Sein Fazit ist heute „die Freude am Erreichten“.

Sein Wunsch sei, dass nie wieder jemand die Erfurter Universität in Frage stellen möge. „Denn Universitäten gründet man nicht für die Gegenwart, sondern für die Zukunft.“

Die nahe Zukunft des Erfurter Kollegs beginnt mit dem Wintersemester ab Mitte Oktober. Näheres über die Internetseite der Universitätsgesellschaft Erfurt.