Erfurt. In einigen Partnerschaften spitzt sich die Situation durch die Coronakrise dramatisch zu. Vielen Frauen bleibt nur die Flucht ins Frauenhaus.

Die angespannte Situation in einigen Haushalten wird durch die Coronakrise verschärft. Experten rechnen mit einem Anstieg der Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt werden. In anderen Ländern ist diese Lage bereits eingetreten, in Deutschland wurden erste Maßnahmen ergriffen - etwa in Hamburg. Dort hat die Stadtverwaltung eine derzeit geschlossene Pension für Opfer häuslicher Gewalt gebucht.

„Im Moment spüren wir keine Zunahme im Erfurter Frauenhaus – bereiten uns aber darauf vor“, sagt Madlen Merten, die Koordinatorin des Frauenhauses, das sich in Trägerschaft der Stadtmission befindet. Gemeinsam mit vier Kolleginnen wuppt sie den Alltag. „In unserem Bereich ist es nicht so, dass wir alle ins Homeoffice gehen können“, meint sie. Die Frauen arbeiten versetzt, sie achten darauf, dass nicht zwei Kolleginnen gleichzeitig im Büro sind. „Es ist manchmal schwierig, da die Arbeit nicht weniger wird. Doch wir halten unseren Betrieb aufrecht.“

Das Frauenhaus verfügt über elf Zimmer, insgesamt ist Platz für 22 Personen. Meistens sind genauso viele Kinder wie Frauen untergebracht. „Das ist eine schwierige Situation“, sagt Madleen Merten. „Keine Kita, keine Schule – und hier sind beengte Bedingungen.“

Noch reichen die Kapazitäten, doch auch das Frauenhaus bereitet sich auf die kommenden Wochen vor. „Ein erhöhtes Aufkommen hinsichtlich der Nachfrage könnte uns treffen“, bestätigt auch Erfurts Gleichstellungsbeauftragte Birgit Adamek. Deshalb seien seit Beginn vergangener Woche auf verschiedenen Ebenen Gespräche geführt worden. „Seitens des Sozialamtes wurden Kontakte mit Anbietern entwickelt und Angebote eingeholt, die keine gemeinsame Küchenbenutzung und keine gemeinsamen sanitären Anlagen vorsehen. Somit kann bei begründeten Verdachtsfällen auch für Schutz und Unterbringung gesorgt werden“, sagt sie. „Heute allerdings noch nicht.“

Mit einer Lösung des Problems ist in den kommenden Tagen zu rechnen, denn schnell kann sich die Zahl Hilfe suchender Frauen erhöhen. Im Frauenhaus wurden bereits Maßnahmen ergriffen, um das Infektionsrisiko gering zu halten. Ein Zimmer steht bereit, falls eine Frau Symptome zeigt und in Quarantäne muss. Dadurch gibt es nun noch 19 Plätze.

Kommt eine Frau ins Frauenhaus, fragen die Mitarbeiterinnen vieles ab. Zudem wird genau geprüft, welche Frau aufgenommen werden muss oder ob es mögliche Alternativen bei Freunden oder der Familie gibt. Zudem wird geschaut, ob die Frau aus Erfurt, dem Einzugsgebiet des Erfurter Frauenhauses, kommt. „Das erschwert derzeit ein bisschen den Zugang für die Frauen. Aber diese Sicherheitsmaßnahmen sind notwendig“, sagt Madlen Merten. Weitere Frauenhäuser befinden sich in Weimar, Jena, Gotha, Gera.

Madlen Merten erklärt eines der Probleme der derzeitigen Ausnahmesituation: „In Beziehungen, die sowieso schon länger im Ungleichgewicht sind, kann es sich zuspitzen, da es keine Ausweichmöglichkeiten gibt.“

Sucht eine Frau Zuflucht, bleibt sie im Durchschnitt einen Monat. Doch pauschalisieren lässt sich das nicht. Frauen, die sich wirklich trennen wollen, sind drei bis vier Monate da, um eine Wohnung zu suchen. Manche Frauen brauchen länger, um überhaupt erst einmal psychisch wieder stabilisiert zu werden.

Birgit Adamek verweist auf weitere Anlaufstellen: „Auch die beiden Frauenzentren beraten in Fragen von häuslicher Gewalt, stabilisieren in Konfliktlagen und übernehmen Krisenintervention.“ Laut Rathaussprecher Daniel Baumbach beobachte auch das Jugendamt die gesamte Situation – vor allem mit Blick auf die Zunahme häuslicher Gewalt Kindern gegenüber.

Die Nummer des Frauenhauses lautet: 0361/7462145; ein Notruf ist über 0163/8880672 möglich.