Erfurt. Bis zur ersten Träne: Die THC-Handballerinnen haben in einem packenden Duell gegen Dortmund ein Vier-Tore-Plus hergegeben und ganz knapp mit 25:26 verloren.

Genau eine Minute noch. 25:25. Der Thüringer HC im Angriff, alle Zeit der Welt, um das selig machende Siegtor vorzubereiten. Foul. 33 Sekunden, noch 27. Auszeit, Herbert Müller. Der THC-Trainer schwor seine Sieben auf diesen einen Wurf ein. Ist er drin, heißt es Sieg. Geht er daneben, Remis. Einen technischen Fehler hat er wie die 1095 mitfiebernden Zuschauer nicht in seiner Gleichung. Der aber unterlief Emily Bölk. Zu viele Schritte werden abgepfiffen. Und Bogna Sobiech war bereits enteilt, um den Freiwurf aufzunehmen. So unglaublich trocken drosch die Dortmunder Außenspielerin den Ball ins Netz, so unfassbar kalt.

Mitten ins THC-Herz.

Wie stark ist der Thüringer HC, wie gefährlich ist Dortmund nach der massiven Verstärkung durch sieben Zugänge? Diese Fragen umlagerten das Spitzenspiel in Erfurt. Die THC-Fans fragten sich am Sonntag, wie hart ein Handballspiel enden kann?

Der Sieg war schon fast sicher geglaubt

„Das ist sehr, sehr bitter für uns“, sagte Iveta Koresova. Die THC-Kapitänin war ebenso getroffen wie die gesamte Mannschaft, die sich nahezu komplett nach der ersten Heimniederlage seit Mai 2017 schnell und mit hängenden Köpfen in die Kabine verabschiedet hatte. In dem Bewusstsein, einen schon fast sicher geglaubten Sieg gegen nimmermüde Dortmunderinnen hergegeben zu haben.

„Wir liegen sieben Minuten vor Schluss mit drei Toren vorn. Da haben vielleicht alle gedacht. Das ist der Sieg. Aber der Handball ist schnell. Und wir haben gesehen, wie schnell es geht“, sagte Koresova. Die herausragende 30-Jährige machte sich nach dem Spiel sogleich nach Olmütz zur tschechischen Nationalmannschaft auf. Einen Vorwurf wollte sie Emily Bölk aber nicht machen. „Fehler passieren. Wir waren zu harmlos im Angriff“, nahm sie die Mitspielerin in Schutz. Die 21-Jährige hatte zuvor viel Verantwortung übernommen, eine starke erste Halbzeit gespielt. Am Ende stand der jungen Nationalspielerin die ei­ne oder andere Träne im Auge.

„Das passiert. Das ist Sport. Jetzt heißt es, den Kopf oben zu behalten“, suchte Trainer Herbert Müller tröstende Worte für die Mannschaft. Dieser Krimi hatte auch ihm alles abverlangt.

Dortmund auf allen Positionen unfassbar gut besetzt

„Wir müssen bereit sein, die Nerven bewahren, das Herz am richtigen Fleck haben und die spielentscheidenden Situationen nutzen.“ Der THC-Trainer umriss grob die wichtigsten Elemente, um das erwartet enge Match für sich zu biegen. Dass es schwer werden würde, war ihm vom Haus aus klar. „Dortmund ist auf allen Positionen unfassbar gut besetzt“, sagte Müller und prophezeite seinem Team im zweiten Heimspiel ein enorm hartes Stück Arbeit gegen die geballte Holland-Fraktion.

Das zeichnete sich in einem packenden Duell von Beginn an ab. Der Gast zeigte mit einer extrem aggressiven und schnellfüßigen Abwehr an, dass die Meisterschaft mit über ihn vergeben wird. Angetrieben von Kelly Dulfer und einer aufmerksamen Torfrau Isabell Roch lag der Gast zunächst vorn und profitierte davon, dass die Einheimischen etliche Wurfchancen ausließen. Erst mit einer Umstellung im Rückraum - für die glücklose Alicia Stolle kam Mikaela Mässing - griff das THC-Spiel. Koresova warf nach Bölks 7:7-Ausgleich die zweite Führung nach dem 1:0 heraus und erhöhte per Siebenmeter zum 9:7 (18.).

Wer dachte, die Gäste wären geschockt, sah sich jedoch getäuscht. Sie kamen zurück und ließen sich auch vom erneuten Rückstand nach dem Wechsel durch den Gegenstoß von Meike Schmelzer nicht schocken. Auf und Ab wogte das Geschehen, wobei der THC den Hauch vorn lag, um den Kontrahenten immer wieder zum Nachlegen-Müssen zu zwingen. Nicht zuletzt durch Koresova.

Die Kapitänin ging vornweg, schloss großartig per Heber den Doppelschlag zum 19:17 ab (41.), um per Siebenmeter die erste Drei-Tore-Führung zum 21:18 (44.) herauszuwerfen. Stolle erhöhte gar auf 22:18.

Duell wird zur Nervenschlacht

Trainer Müller hielt sich die Hände vor den Kopf. Sieben Minuten noch. Zeitstrafe gegen Dortmund. Siebenmeter. Koresova behielt bei ihrem neunten von zehn Toren die Nerven. 23:20. Längst war das Duell eine Nervenschlacht geworden - mit offenen Ausgang.

Denn auch davon ließ sich der großartig kämpfende BVB nicht kleinkriegen, kam wieder heran. So blieb es ein Duell auf des Messers Schneide. Bis zur letzten Sekunde. Bis in die letzte Haarspitze hinein, bis zur ersten Träne.

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