Erfurt. Caravan-Orchester gastiert diesmal mit Chor im Zughafen. „Yiddish Summer Weimar“ mit insgesamt elf Veranstaltungen in Erfurt

Der Yiddish Summer Weimar begann 1999 als Wochenendworkshop. Mittlerweile dauert das Festival einen ganzen Monat, hat sich zu einem Sommerprogramm entwickelt, das traditionelle und zeitgenössische jiddische Kultur lehrt, weiterentwickelt und einem Publikum präsentiert – und im fünften Jahr nun einen Ableger in Erfurt hat.

Unter künstlerischer Leitung von Alan Bern bilden die einwöchigen Workshops, die von internationalen Künstlern und Wissenschaftlern unterrichtet werden, den Kern des Yiddish Summer Weimar, der dieses Mal mit „The Weimar Republic of Yiddishland“ überschrieben ist.

Die ganze Vielfalt der jiddischen Kultur

Elf Abendveranstaltungen stehen im umfangreichen Programmheft für Erfurt: „Wir freuen uns jedes Jahr, wenn wir auch in der Thüringer Landeshauptstadt unsere internationalen jiddischen Kulturprojekte präsentieren können. Erfurt ist schließlich geprägt durch einige der ältesten Zeugnisse jüdischen Lebens in Deutschland“, sagt Alan Bern. Besonders hervorheben mag er keine der elf Veranstaltungen, allenfalls die Bandbreite betonen, die von Klezmer-Punk bis zu jiddischem Rap reicht. Publikumsmagnet dürfte wieder der Auftritt des „Caravan Orchestra“ sein, das am 6. August in den Zughafen kommt, diesmal unterstützt vom „Caravan Choir“, der Musikstudenten aus Haifa und Weimar vereint, und wieder mit jiddischer, arabischer und osmanischer Musik bestens unterhalten will.

Den Beginn des Programms macht allerdings die Jiddistin Diana Matut am 19. Juli in der Kleinen Synagoge. Sie wird sich in einem Vortrag der Frage widmen, was die jiddische Republik mit den Anfängen der Weimarer Republik gemein hat.

Danach wird die Gruppe „Veretski Pass“ aus Kalifornien zusammen mit Joel Rubin ihr neues Programm „The Maggid Chronicles“ präsentieren. Dafür hat sich die Gruppe mit den Archiven der jiddischen Musik-Sammlerin Sofia Maggid beschäftigt.

Am 24. Juli wird das Duo „Fran&Flora“ einen Stopp in der Alten Synagoge in Erfurt einlegen. Francesca Ter-Berg und Flora Curzon spielen Klezmer und andere osteuropäische Instrumentalmusik in harmonischen und durchdachten Arrangements. Bisher Ungehörtes wieder hörbar zu machen verspricht das Konzert „Arestantn-lider“ am 29. Juli in der alten Synagoge: Der Rapper und Musikproduzent Josh „Socalled“ Dolgin nimmt Musikaufnahmen osteuropäisch-jüdischer Kriegsgefangener der 1. Weltkrieges als Grundlage, um sie mit modernen Klängen zu vermischen und so deren vergessene Geschichte zwischen Gefangenschaft, Krieg und Rassismus wieder sichtbar zu machen.

Am 30. Juli lässt Amit Weisberger mit der„Waxband“ ebenfalls fast vergessene Aufnahmen auferstehen: ein humorvolles Aufeinandertreffen von zeitgenössischem Klezmer mit ethnografischen Aufnahmen, die lange auf Wachswalzen in Archiven gewartet haben, um neu entdeckt zu werden. Stargast ist dabei ein Edison-Phonograph.

Lieder und Gedichte von geflüchteten, vertriebenen oder ausgewanderten Juden Osteuropas, die es in das Berlin der 1920er und 30er verschlagen hatte, werden am 31. August in der Alten Synagoge von Yuri Vedenyapin in „Berliner Goles“ auf die Bühne gebracht. Humorvoll wird es „Baym Kabaret Yitesh - A Varshaver Yidishe Kleynkunst“ im Kabarett „Die Arche”. Eine ganze Riege an Größen des jiddischen Musiktheaters erfüllen am 1. August die Kleynkunst- und Kabarett-Szene Warschaus mit neuem Leben.

Am 3. August werden im Rathausfestsaal „Naye Lider“ präsentiert: von Daniel Kahns Klezmer-Punk, über Polina Shepherds tiefe Kompositionen bis zu neuen jiddischen Chansons von Efim Chorny und Joshua Waletzky.

Am 8. August geht es mit dem „Engel Ensemble“ zurück ins Russland des Jahres 1908. Am 14. August werden afroamerikanische Spirituals und osteuropäisch-jüdische Musik eine Fusion erleben mit den „Tsvey Brider“ in der Alten Synagoge.

Der letzte Abend des Yiddish Summer in Erfurt am 16. August ist dem „King of Klezmer“ Dave Tarras gewidmet, der in den 1920er Jahren einige Zeit in Erfurt verbrachte und dessen Lieder neu interpretiert werden.

https://yiddishsummer.eu