Gotha. Sie flüchteten vor Krieg oder anderen Notlagen in den Landkreis Gotha. Was aus den Menschen unserer Serie „Angekommen“ geworden ist.
- Natalia Voskanian flüchtete mit ihrer Tochter aus der Ukraine und ist jetzt wieder zurück.
- Ibrahim Haje aus dem Irak hat seine Ausbildung abgeschlossen und ist einer der besten Friseure in Deutschland.
- Mariana und Ian Popov aus Moldawien erwarten Nachwuchs.
Zurück in die Ukraine zwischen Schlafsäcken und Generatoren
Zu Beginn des Krieges in der Ukraine flüchtete Natalia Voskanian mit ihrer Tochter Sofiia und kam zufällig nach Gotha. Einige Einheimische kümmerten sich um die Neuangekommenen und halfen, eine Wohnung und Arbeit zu finden. Natalia kam zugute, dass sie Germanistik studiert hatte und über gute Deutschkenntnisse verfügt. Sie arbeitete in Gotha als Verkäuferin in einem Mobilfunkladen.
Doch die Sehnsucht nach ihrem Mann und der Heimat war zu groß, so entschloss sie sich, wieder zurückzukehren. Die Familie hat Kiew verlassen. Wie sie schreibt, sind die Bedingungen schwierig, aber jeden Tag würden sie bessere Überlebenskünstler werden. In den Luftschutzkellern sehe es aus wie in kleinen Hotels, fast jede Familie habe Generatoren, Schlafsäcke und Lebensmittelvorräte.
Zweiter Platz bei Deutschen Meisterschaften
Ibrahim Haje verließ als 15-Jähriger allein den Irak, kam nach Gotha und begann eine Lehre als Friseur. Er investierte viel Freizeit in den Beruf und errang vordere Plätze bei den Meisterschaften für Auszubildende im Friseurhandwerk. Inzwischen hat er die Lehre abgeschlossen und ist von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen worden. Für Wettbewerbe begeistert er sich weiter und schaffte im Herbst einen zweiten Platz bei den deutschen Meisterschaften. Nebenbei jobbt er noch, er möchte sich den Führerschein, Friseurwerkzeuge und mehr finanzieren.
Statt Sprachkurs Arbeitsvertrag
Nataliia Derhachova hätte drei Monate nach ihrer Flucht aus der Ukraine einen Sprachkurs beginnen können. Sie entschied sich aber, ein Arbeitsangebot anzunehmen. Seitdem ist die Zahntechnikerin, die in Neudietendorf wohnt, in Ohrdruf beschäftigt. Eine neue Sprache zu lernen – ohne Unterstützung – ist schwierig, deshalb arbeitet sie derzeit halbtags und besucht doch noch einen Sprachkurs. Sie ist froh, dass es ihr Sohn nach Deutschland geschafft hat. Er lebt in Oberhof und arbeitet dort in einem Hotel.
Nach der Lehre auf Montage an der Ostsee
Ajmal Miakhel aus Afghanistan wohnt bei einem rüstigen Rentner-Ehepaar in Gotha, das schon längst eigene Enkel hat. Der junge Mann bekommt Unterstützung von seinen deutschen „Großeltern“ nicht nur bei Behördengängen und hilft zum Beispiel im Garten, wo es dem Hausherrn nicht mehr selbst möglich ist. Er hat seine Lehre zum Rohrleitungsbauer abgeschlossen und arbeitet für seinen Ausbildungsbetrieb derzeit auf Montage an der Ostsee.
Flüchtlinge in Gotha: Heute und vor einem Jahr
Das nächste Ziel: Selbstständigkeit
Die Ukrainer Tetjana Kharchenko und Yevhenii Biella absolvierten in Gotha Deutschkurse und haben das B-1-Zertifikat. Das nächsthöhere Sprachniveau, mit dem beispielsweise eine Ausbildung möglich ist, wollen sie in Erfurt erlernen, wohin sie umziehen wollen. Yevhenii spielt weiterhin in einer Erfurter Wasserballmannschaft. Tetjana leitet einen Tanzkurs für Kinder und Erwachsene in Gotha. Sie planen, sich selbstständig zu machen.
Nachwuchs hat sich angekündigt
In Moldawien hatten sie nur 15 Kilometer voneinander entfernt gewohnt, kennengelernt haben sie sich erst 1900 Kilometer von der Heimat entfernt in Gotha. Geheiratet hatten Mariana und Ian Popov im Gothaer Rathaus. Jetzt kündigt sich Nachwuchs an. Ian hat seinen Job als Zusteller gekündigt, um Zeit für einen Sprachkurs zu haben.
Zahlen zu Ausländern im Kreis Gotha
Anzahl und Status: Im Landkreis leben derzeitig 39.693 Ausländer mit den unterschiedlichsten aufenthaltsrechtlichen Titeln. Einem Asylverfahren waren insgesamt 6446 unterworfen.
Betreuung: Aktuell werden durch die Ausländerbehörde 13.895 Ausländer betreut, davon 562 Asylbewerber.
Herkunft: 8424 Menschen im Landkreis stammen aus Polen, 6650 aus Rumänien, 3204 aus der Ukraine, 2182 aus Syrien. Es folgen Litauen (1140), Afghanistan (983) und Irak (806).
Unsere Zeitung stellt in der Serie „Angekommen“ Flüchtlinge vor. Wir fragen, wo sie heute stehen, wie sie nach Deutschland kamen und warum sie ihre Heimat verließen. Alle Folgen der Serie gibt es hier.