Gotha. Warum die Mehrheit eine feindselige Minderheit braucht erklärte Rassismusforscher Wolfgang Benz in Gotha. Sein Vortrag handelte über Antisemitismus und Muslimfeindschaft.

Wiederholt hat das „Bündnis gegen rechts – Gotha ist bunt“ zu einem Vortrag ins Gothaer Tivoli eingeladen. Zu den Referenten gehörte bereits mehrfach der emeritierte Antisemitismusforscher Wolfgang Benz, den Doris Wiegand am Montagabend im Namen des Aktionsbündnisses erneut begrüßen konnte. Schließlich sei es wichtig, sich mit Antisemitismus und Islamophobie auseinderzusetzen, betonte sie einleitend.

Laut Benz sind die Fronten ziemlich verhärtet. Als er Juden mit Muslimen verglich, habe es einen Aufschrei gegeben. Zunächst ging er den Fragen nach, warum die Mehrheit eine feindselige Minderheit braucht und warum es immer andere Feinde sind. Das Feld sei vermint, trotzdem setze sich der inzwischen 78-Jährige weiterhin damit auseinander.

Es gebe angeblich einen neuen Antisemitismus. Dieser war ursprünglich ausschließlich religiös begründet gewesen. Juden galten als verstockt und wurden ausgegrenzt. Die meisten Berufe, außer dem Geldverleih, waren ihnen verschlossen. Die alten Ressentiments sitzen laut Benz bis heute tief. Im 19. Jahrhundert seien dann die Rassen erfunden worden, da halfen den Juden auch Taufen nicht mehr.

Eine neue Judenfeindschaft sei 1948 mit der Gründung des Staates Israel entstanden. Inzwischen sei der Verweis auf die Judenfeindlichkeit der Muslime eine bequeme Ablenkung. Benz erwähnte ein konkretes Beispiel aus der „sogenannten AfD“, dass man nichts gegen Juden, aber gegen Zionisten hätte.

Diskussion über Kritik an Israel und Islam

Inzwischen würden Demagogen auch die Wut gegen Islamisten kanalisieren. Dabei benutzen sie dieselben Methoden wie einst indem sie behaupten: Muslime wollen die Welt erobern und der IS ist die Inkarnation des Islam. Die AfD vermische all dies mit Erfolg.

Vor zwei Jahren sei er als Historiker zum Lokaltermin in Dresden gewesen. Es sei bestürzend und beklemmend gewesen, dass es ausreichte, kurze Phrasen zu dreschen, um aus friedlichen Leuten brüllende Monster werden zu lassen. Auch Hitler habe 1919 als Demagoge angefangen. Damals habe es jedoch zu wenig Demokraten gegeben.

Diese Überzeugung von früher habe Benz inzwischen verloren und er sehe mit größerer Sorge in die politische Zukunft. Andererseits glaube er nicht an den dauerhaften Erfolg solcher populistischer Bewegungen, denn der Wähler folge nicht unendlich solchen leeren Parolen. Dies werde jedoch nicht schnell gehen. Das einzige Rezept bestehe laut Benz in der Aufklärung.

Danach wurde kontrovers diskutiert, ob man den Staat Israel oder den Islam kritisieren dürfe. Vor allem der Islam habe erheblichen Reformbedarf. Laut Benz seien jedoch 99 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime keine Islamisten.