Kreis Gotha. Geschichten des Gothaer Landes: Geldinstitute haben die Gothaer Innenstadt baulich geprägt. Geschichtlich erlebten sie ein Auf und Ab.

Der Aufschwung des Bankwesens im Gothaer land begann im Zuge der industriellen Revolution und der damit verbundenen Liberalisierung der Wirtschaft. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts besaßen die sogenannten Händler-Bankiers das Monopol im Kreditgeschäft, dann tauchten die ersten Konkurrenten auf: Sparkassen, Vorschussvereine, Aktienbanken sowie Spar- und Darlehensvereine.

Außer den wirtschaftlichen haben auch politische Aspekte das hiesige Bankenwesen beeinflusst. Aus dem einstigen „Hoffaktor“ wurde der „Hofbankier“. Ein „Hoffaktor“ war ein im höfischen Herrschaftszentrum beschäftigter Kaufmann, der Luxuswaren, Heereslieferungen, oder Kapital beschaffte. Viele davon waren Juden, für die der zeitgenössische Quellenbegriff „Hofjude“ verwendet wurde. Mit der Herausbildung größerer Betriebe wuchsen auch deren Kreditbedürfnisse, so auch im Gothaer Land.

Erste Raiffeisenbank der Region in Goldbach

Die Landwirtschaft war bis dahin fast ausschließlich auf Privatbanken angewiesen. Dann griff man zur finanziellen Selbsthilfe und gründete die „Raiffeisenvereine“. In Goldbach fand die Gründung der ersten „Raiffeisenbank“ des Herzogtums Gotha statt.

Nach der Reichsgründung 1871 gab es in Gotha die Gewerbebank an der Querstraße 17, die Bank der Gebrüder Goldschmidt am Hauptmarkt 41, die Grundkreditbank an der Bahnhofstraße 5a, die Bank des Stephan Leinheim, Nachfolger war Max Müller am Neumarkt 22, die Privatbank am damaligen Karolinenplatz, heute Ekhofplatz, und das Bankhaus Strupp am Neumarkt 6.

Eine kurze Scheinblüte erlebten die Privatbanken in den Jahren 1918 bis 1923. Es war die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Die Hofbankhäuser der Gebrüder Goldschmidt und Max Müller mutierten damals zu den größten ihrer Art in Thüringen.

Ursprünglich sollten Sparkassen keine Kredite vergeben. Deren Zweck war es vielmehr, Tagelöhner, Handwerksgesellen, Dienstboten und Arbeiter zum Geld ansparen zu motivieren, damit sie einen „Notgroschen“ besaßen, der auch der Altersvorsorge dienen sollte. Die „Sparkasse für das Herzogtum Gotha“ wurde bereits 1830 von einem Konsortium gegründet. Nur von Zeit zu Zeit fanden Kassenstunden statt in denen kleine Beträge von „einheimischen Minderbemittelten“ angenommen wurden. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung wuchs auch der Geschäftsverkehr der Sparkasse. Kundenkreis und Einlagen vergrößerten sich, so dass die Einnahmen nicht nur für die Besoldung von Bankbeamten reichten, sondern man erzielte auch einen ordentlichen Reingewinn, der sozialen Zwecken zugute kam. So konnten mit diesen Mitteln die Krankenhäuser in Gotha, Ohrdruf und Waltershausen errichtet werden.

Eine Landeskreditanstalt wurde im Jahre 1853 gegründet, um die Natural- und Fronablösungen bei der Landbevölkerung finanzieren zu können. Sie gewährte besonders kleine Kredite, so wie sie die Landwirte im Gothaer Land benötigten. Kredite, um sich mit den Erben gütlich auseinanderzusetzen, Wiesen und Felder zu kultivieren, Geräte, Saatgut, Dünger, Vieh, Futter und Maschinen kaufen zu können, erteilte die Landeskreditanstalt ebenso. Auch den Kreditbedarf der Gemeinden zum Bau von Schulen und Straßen konnte diese Bank, die ihren Sitz im Landschaftshaus am Schlossberg 2 hatte, bedienen. Mit der Gründung des Landes Thüringen im Jahre 1920 wurde diese Institution als Filiale in die „Thüringer Staatsbank“ eingegliedert.

Im Jahre 1867 gründete man in Gotha die „Hypothekenbank“, die spätere „Grundkreditbank“ an der Bahnhofsstraße. Dieses Bankinstitut wickelte den größten Teil seiner Immobiliengeschäfte im „Außerthüringischen“ ab.

Jahrzehntelang besaß Gotha auch eine Notenbank. Münzen und Papiergeld, bis Mitte des 19. Jahrhunderts die einzigen Zahlungsmittel, genügten bei fortschreitender Industrialisierung nicht mehr. Da das Notenausgabegeschäft jedoch auch größere Gewinnmöglichkeiten bot, entstand im Jahre 1856 die Privatbank. Die Gründung dieser Bank ist eng verknüpft mit dem Namen des späteren Staatsmannes, Karl Mathy, der durch Gustav Freytags Lebensbeschreibung bekannt wurde. Die Privatbank entfaltete in jener Zeit eine rege Tätigkeit, hatte aber auch unter der Enge ihres Wirkungskreises zu leiden. Mehrfach musste sie saniert und umorganisiert werden.

Die deutsche Bankgesetzgebung nach der Reichsgründung war dann das endgültige Aus. Die Privatbank wurde zur Kreditbank und hielt sich als solche noch bis 1921. Danach erfolgte die Übernahme durch die Deutsche Bank.

Auch die damalige Haupt- und Residenzstadt Gotha wollte an den aufstrebenden Spar- und Geldgeschäften teilhaben. So errichtete die Stadt im Jahre 1905 eine städtische Sparkasse, die „Stadtsparbank“. Seit 1933 hatte die Bank ihr Domizil im einstigen Hotel „Wünscher“ an der Erfurter Straße, heute ein Teil des Neubaues des Kaufhauses „moses“.

Im November 1929 kam mit der Wirtschaftskrise der Zusammenbruch des Hofbankhauses Max Müller. Das Hofbankhaus der Gebrüder Goldschmidt fusionierte 1930 mit der „Thüringer Staatsbank“. Domizil dieser Bank war das Haus „Zur silbernen Schelle“ am unteren Hauptmarkt.

Ein Vorschussverein, besonders für Handwerker, nach Schulze-Delitz‘schem Muster, wurde 1857 als Gewerbebank gegründet. Seit 1878 hat dieses Geldinstitut seinen Sitz in der Querstraße 17. Das Haus stammt aus dem 17. Jahrhundert und zeigt an der Fassade die Hausmarke „Zum Friedens Kuß“ - zwei sich küssende Engel. Unter der Führung des Regierungsrates Heinrich Müller nahm die Gewerbebank eine gute Entwicklung, bis ihr später die Raiffeisenkasse auf dem Lande Konkurrenz machte. Trotzdem konnten beide nebeneinander existieren.

Nicht zu den Großverdienern im Land zählten auch Eisenbahner. Sie gründeten, wie auch die Post, genossenschaftliche Sparkassen, um sie als Hilfe zur Selbsthilfe zu nutzen. In jedem Eisenbahnbezirk bildeten sich „Eisenbahn-Spar- und Darlehenskassen“. Basis war das Genossenschaftsgesetz, das für jede „Sparda“, so wurden sie bald von den Eisenbahnern genannt, einen Vorstand, einen Aufsichtsrat und eine Revisionskommission vorschrieb.

Die Konditionen waren für die Eisenbahner sehr günstig. Die Gehälter für den Vorstand zahlte überwiegend die Reichsbahn, die Mieten für die Kassenräume auf den Bahnhöfen fielen kaum ins Gewicht. Dazu kamen noch weitere Vergünstigungen für die Eisenbahner, wie Scheckeinlösung an den Fahrkartenschaltern. Im Februar 1945 wurde der Gothaer Bahnhof bei einem Bombenangriff zerstört. Neue Kassenräume mussten her. Man fand sie in einer Baracke an der Südstraße, gegenüber der Einfahrt zum einstigen RAW, Traktoren-, Fahrzeugachsenwerk. In jener Baracke hatte auch das Bahnbetriebswerk einen Kulturraum, selbst ein Friseur nutzte die hölzerne Unterkunft. Die Gothaer Zweigstelle zog nach der Wende in den Ostflügel des Bahnhofsgebäudes und später in die Marktstraße.