Oberbürgermeister in Gotha, dann DDR-Finanzminister: Wer war Hans Loch?

Matthias Wenzel
| Lesedauer: 5 Minuten
Der LDPD-Vorsitzende Hans Loch wurde 1978 anlässlich seines 80. Geburtstages mit dieser DDR-Briefmarke gewürdigt.

Der LDPD-Vorsitzende Hans Loch wurde 1978 anlässlich seines 80. Geburtstages mit dieser DDR-Briefmarke gewürdigt.

Foto: Matthias Wenzel / Repro

Gotha.  Hans Loch (1898-1960) - einst Oberbürgermeister von Gotha - hat nach 1945 eine steile politische Karriere gemacht. Sein Lebensweg ist nicht unumstritten.

  • In Gotha erinnert noch heute eine Straße an den ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Hans Loch.
  • Der nicht unumstrittene Politiker machte in der DDR nach 1945 Karriere.
  • Geboren in Köln, Politiker der DDP in der Weimarer Republik, Vorsitzender der LPD in der DDR - und schließlich DDR-Finanzminister: Hans Lochs Leben bot eine Menge.

Im Westen Gothas erinnert seit über sechs Jahrzehnten die Dr.-Hans-Loch-Straße nicht nur an einen liberalen Politiker, sondern auch einen Gothaer Oberbürgermeister, der dieses Amt im Herbst 1946 nach der ersten und leider auch letzten demokratischen Kommunalwahl nach 1945 übernommen hatte.

Geboren wurde Hans Loch vor nunmehr 125 Jahren am 2. November 1898 als Sohn eines Werkzeugschlossers und späteren Betriebsleiters in Köln, wo er auch die Volksschule und das Gymnasium besuchte. Als Freiwilliger diente er von November 1916 bis zum Kriegsende 1918 und konnte somit erst danach das Abitur ablegen, um anschließend Jura und Philosophie in Bonn und Köln zu studieren.

Als frischgebackener Doktor der Rechte war er 1923 als Referendar an Gerichten in Koblenz und Köln tätig. Von 1919 bis 1924 war er Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). 1924 ging er nach Berlin, wo er 1927 eine eigene Anwaltskanzlei eröffnete, die 1933 sogleich – wegen der Teilhaberschaft mit einem jüdischen Anwalt – von den NS-Behörden geschlossen wurde.

Umzug nach Amsterdam soll Stieftochter vor Verfolgung schützen

Er wurde deshalb Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in Rehfelde bei Berlin. 1936 zog er mit seiner Familie zu Freunden nach Amsterdam, um seine Stieftochter vor möglichen Rassenverfolgungen zu schützen. 1937 kehrte er in seine Heimatstadt Köln zurück, wo er eine Futtermittelfabrik gründete. Dann musste er am gesamten Zweiten Weltkrieg teilnehmen.

Anfang 1945 verschlug es den Oberzahlmeister nach Kleinfahner in den Landkreis Gotha, wo er sich dann auch als Zivilist ansiedelte und in einer Bauernwirtschaft für den Unterhalt seiner Familie, die er hatte nachkommen lassen, arbeitete. Seine politische Tätigkeit begann er als Gehilfe des von den Sowjets eingesetzten stellvertretenden Bürgermeisters, für den er den Schriftverkehr erledigte und Reden ausarbeitete.

Im Oktober gründete er eine Ortsgruppe der Liberal-Demokratischen Partei (LDP) in Kleinfahner und bewarb sich um eine juristische Tätigkeit in der Wirtschaft. Im März 1946 wurde er schließlich Referendar am Amtsgericht Gotha.

Nachdem die LDP in Gotha als stärkste Fraktion aus den ersten Nachkriegskommunalwahlen vom 8. September 1946 hervorgegangen war, schlug sie als neuen Gothaer Oberbürgermeister Dr. Hans Loch vor, der dann auch am 21. Oktober einstimmig gewählt wurde. Er trat somit die Nachfolge des seit dem 22. Dezember 1945 amtierenden Oberbürgermeisters Dr. Kurt-Hermann Hossfeld (seit April 1946 SED) an.

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„Auch ohne bisherige Erfahrungen und praktische Kenntnisse hat er sich mit großem Erfolg in die Kommunalpolitik eingearbeitet.“ Dr. Lochs Amtszeit währte jedoch nicht einmal zwei Jahre, denn am 4. Juni 1948 wurde er zum Justizminister des Landes Thüringen berufen. Von nun ab war seine weitere Karriere steil.

Als erster Landesvorsitzender der Thüringer LDP befürwortete er die Gleichschaltung seiner Partei mit der SED im Sinne der sogenannten Blockpolitik. Nachdem er 1950 zum stellvertretenden Ministerratsvorsitzenden der neu gegründeten DDR ernannt worden war, wurde er noch im selben Jahr Finanzminister im Kabinett Grotewohl. Dieses Amt hatte er bis 1955 inne.

Hans Loch befürwortet Gleichschaltung der Blockpartei mit SED

Nebenbei betätigte sich Hans Loch auch schriftstellerisch. Zwischen 1953 und 1959 schrieb er sieben Bücher, in denen er größtenteils seine Eindrücke von Reisen in die damalige Sowjetunion schilderte. Er starb am 13. Juli 1960 im Alter von nur 61 Jahren an den Folgen einer drei Tage zuvor aufgetretenen Hirndurchblutungsstörung in Berlin.

Am 14. Dezember 1961 wurde die Ernststraße „zu Ehren des verstorbenen ehemaligen Oberbürgermeisters von Gotha und Vorsitzenden der LDPD, der früher in der Ernststraße gewohnt hat“ umbenannt. An seinem 10. Todestag wurde dann 1970 am Haus Nr. 3 die abgebildete Gedenktafel enthüllt. Dort hing sie allerdings nur bis 1999. Nach Aussage der Unteren Denkmalschutzbehörde wird sie seitdem vom Hauseigentümer im Treppenhaus verwahrt.

Als am 22. Mai 1991 die Dr.-Hans-Loch-Straße in Ernststraße zurückbenannt wurde, blieb zumindest das Teilstück zwischen der Waltershäuser und der Brunnenstraße unter der bisherigen Bezeichnung erhalten und erinnert somit weiterhin an den nicht unumstrittenen DDR-Politiker Hans Loch, der jedoch der erste und letzte demokratisch gewählte Gothaer Oberbürgermeister in der Zeit von 1945 bis 1989 gewesen ist.