Waltershausen. Sensationelles Abschlusskonzert des Thüringer Orgelsommers mit Paolo Oreni in Waltershausens Stadtkirche „Zur Gotteshilfe“.

In der Verantwortung seines Leiters, Kirchenmusikdirektor Theophil Heinke, ging am Sonntag das Festival „Thüringer Orgelsommer“ in Waltershausen zu Ende. Nach einem Konzert in der Schlosskapelle und einem Kaffeekonzert im barocken Festsaal gab der italienische Orgelvirtuose Paolo Oreni, getrieben von einer üppigen Portion südländischen Übermuts, das Abschlusskonzert in der Stadtkirche.

Der Mann, in dem die Gene Nicolò Paganinis zu stecken scheinen, spielte ausnahmslos auswendig und arbeitete sich während des Spiels beinahe pausenlos am Registerwechsel ab.

Es begann mit dem Violinkonzert op. 3 Nr. 9 D-Dur von Antonio Vivaldi in Bachs Orgel-Bearbeitung (BWV 972). Ungeachtet der Tatsache, dass bereits Bach das Werk Vivaldis mit zusätzlichen Stimmen und eigenen Einfügungen komplettiert hatte, trug die Interpretation zusätzlich die Handschrift des im Januar dieses Jahres gestorbenen Jean Victor Arthur Guillou, des von Oreni offenbar hoch verehrten Lehrers.

Bearbeitet von Guillou waren auch die beiden folgenden Werke. In Händels Orgelkonzert Nr. 4 op. 7 trat das einleitende Adagio in düsterer Stimmung auf, um dann im weiteren Verlauf, mit deutlich abgegrenzten Solo- und Tutti-Stellen, vom zuerst fröhlich dahineilenden Allegro schließlich in wilde Energieausbrüche zu münden.

Bei Franz Liszts Präludium und Fuge über das Motiv b-a-c-h handelte es sich in diesem Fall um eine „syncretische Fassung“ Guillous – was nichts anderes heißt, als dass hier Liszts Personalstil und der seines Bearbeiters, dem 20./21. Jahrhundert angehörend, aufeinandertreffen. Dabei agierte Oreni ganz im ­virtuosen Sensationsstil des 19. Jahrhunderts, indem er, oft an den Grenzen der Seriosität, dem staunenden Publikum das eigentlich Unglaubliche vorführte.

Zum Schluss improvisierte Oreni über vorgeschlagene Themen, unter anderem über das Ostinato der berühmten Passacaglia c-Moll von Bach (BWV 582). Dabei erschuf er, stets höchst virtuos – auch ein Glissando auf dem Pedal durfte da nicht fehlen –, mit eulenspiegelhaftem Humor erstaunliche musikalische Gestalten von bemerkenswerter Originalität. Für diese absolut artistische Leistung mit hoher musikalischer Sub­stanz gab es kräftigen Applaus, für den sich Oreni mit zwei Zugaben bedankte: Mit der Toccata aus BWV 564 und dann einem hübschen Stücklein auf dem Orgelpositiv im Altarraum.