Gotha. Über 700 Bauprojekte begleitete die Gothaer Firma ITS-Ingenieurgesellschaft seit 1991. Firmengründer Dietmar Schröter übergibt die Leitung an die nächste Generation

Schon als Kind wusste Dietmar Schröter, dass er im Bausektor arbeiten möchte. Auf dem Dachboden seines Elternhauses entdeckt er im Alter von zwölf Jahren Bauzeichnungen eines im Zweiten Weltkrieg gefallenen Onkels, der Architekt gewesen war: „Dieser Fund war wohl ausschlaggebend“, erzählt Schröter. „Die Pläne fand ich so interessant, dass für mich nichts anderes mehr in Frage kam.“

Heute kann der 69-Jährige auf mehr als 700 Projekte zurückblicken, die er und seine Mitarbeiter der Firma ITS-Ingenieurgesellschaft mbH seit 1991 bearbeitet haben. Dazu zählen unter anderem die Gewerbegebiete in Gotha-Süd und Gotha-Ost, das Gothaer Helios-Klinikum, die Fußgängerzone in Bad Langensalza und die Hauptstraße in Waltershausen.

Für die Neugestaltung des Erfurter Fischmarktes wurde die ITS im Jahr 2014 gemeinsam mit dem Stadtplanungsbüro Wilke aus Erfurt, dem Weimarer Ingenieur und Lichtgestalter Torsten Müller sowie dem Weimarer Planungsbüro Emch und Berger mit dem Sonderpreis „Neue Wege in die Stadt“ ausgezeichnet.

Nach Abschluss des Studiums an der Gothaer Bauschule begann Schröter seine berufliche Laufbahn 1973 als Tiefbau- und Planungsingenieur für das Wohnungsbaukombinat Erfurt. In der Gothaer Außenstelle betreute er als Teamleiter unter anderem den Bau des Wohngebietes in Gotha-West.

„Danach folgte das innerstädtische Quartier in der Gothaer Blumenbachstraße“, erinnert sich der gebürtige Gothaer und fährt mit leuchtenden Augen fort: „Dieses Projekt würde ich als mein Baby bezeichnen. Wir haben dort etwas ausprobiert, das von den regulären Neubaugebieten zu DDR-Zeiten abgewichen ist.“

Ziel war es, in der Blumenbachstraße ein Wohnkonzept zu entwickeln, das sich in die Gothaer Innenstadt einfügt: „Es sollten keinesfalls die typischen grauen Wohnblöcke entstehen. Stattdessen waren schräge Dächer, kleingliedrige Gebäudeteile und Geschäfte in den Erdgeschossen vorgesehen.“

Planungs- und Bauleistungen sind Teamarbeit – das sei am Beispiel der Blumenbachstraße sehr deutlich geworden, vor allem in Hinblick auf die schwierigen Voraussetzungen bei der Materialbeschaffung und Infrastruktur in der DDR: „Im Außenbereich an den Hauswänden braucht man stabile Farben, die lange halten“, erklärt Schröter. „Als Grundlage für die Farbmischung bestellten wir weiße Latexfarbe in Berlin. Die sollte mit roten, grünen und gelben Farbpigmenten gemischt werden.“

Allerdings kannten weder Schröter noch seine Mitarbeiter das richtige Mischverhältnis. Ein Anruf in der Berliner Firma sollte Abhilfe schaffen – leichter gesagt als getan: „Es gab damals nur ein Telefon auf der gesamten Baustelle, und das befand sich im Büro der Bauleitung. Die Farbpigmente lagerten jedoch in einem Keller am anderen Ende des Geländes.“ Schröter schmunzelt: „Also haben wir eine Personenkette vom Telefon über die ganze Baustelle bis zum besagten Keller gebildet. So wurden die Informationen des Telefonats von Person zu Person weitergeleitet, wir hatten die richtige Mischung und die Wände erhielten ihren Anstrich.“

Über Ungarn in die Bundesrepublik

Nach Fertigstellung des innerstädtischen Quartiers wuchs Schröters Wunsch nach der Selbstständigkeit. In der DDR blieb ihm dieser Weg jedoch versagt: „Es war so gut wie unmöglich, sich als Bauplaner selbstständig zu machen. Außerdem gab es kaum Raum für individuelle Ideen. Die Materialbereitstellung wurde immer schwieriger und es war einfach kein Platz für Weiterentwicklungen in unserem Sektor.“

Der Diplomingenieur entschied sich für einen anderen Weg, der ihn im Auto über Ungarn nach Rheinland-Pfalz führte: „Ich nahm meine Familie mit, also musste die Reise gut vorbereitet sein. Durch Kontakte in den Westen lief aber alles gut, und innerhalb einer Woche hatte ich eine Anstellung in einem Ingenieurbüro in Pirmasens.“

Gerne blickt Schröter auf diese Zeit zurück. Dennoch sollte die Übersiedlung in die BRD keine dauerhafte Lösung sein: „Nach der Wende zog es uns zurück in die Heimat. Im November 1990 habe ich beim Gothaer Bauamt vorgesprochen und 1991 die ITS-Ingenieurgesellschaft mit anfangs einer Angestellten gegründet.“

Heute hat die Firma 15 Mitarbeiter, die Beratungs-, Planungs-, und Überwachungsaufgaben bei Verkehrsanlagen, im Ingenieur-, Tief-, Landschafts- und Wasserbau übernehmen. Seit 2009 ist Schröter zudem als öffentlich bestellter und vereidigter Gerichtssachverständiger für Pflaster, Platten und Einfassungen tätig.

Schröter findet es beeindruckend, wie viel sich in den vergangenen 30 Jahren baulich in Gotha getan hat: „Wenn man bewusst durch die Stadt läuft, sieht man viele Veränderungen im Vergleich zu DDR-Zeiten und zur Nachwendezeit. Es wurde vieles saniert, abgerissen und neu gebaut. Das ist der Bevölkerung vielleicht gar nicht so bewusst, doch als Planer fällt einem das besonders auf.“

Zum 31. Juli dieses Jahres hat Dietmar Schröter die Geschäftsführertätigkeit der ITS niedergelegt und die Leitung an Kristina Wagner und die Prokuristen Christian Heußler und Christian Kahle übergeben.

Für den leidenschaftlichen Bauplaner bedeutet das nach 46 Jahren Planungstätigkeit aber nicht das Ende seiner Arbeit: „Es gibt Projekte, die ich gerne noch beenden möchte.“ Dazu gehören der dritte Bauabschnitt in der Gothaer Friedrichstraße 2020 und die im Bau befindliche Ortsumgehung Tüttleben.