Gotha. Der Schwammspinner frisst auf dem Röhnberg die Bäume kahl. Nun werden die Förster für die Waldzustandserhebung geschult.

Ines Chmara vom Forstlichen Forschungs- und Kompetenzzentrum Gotha (FFK) ist sicher: Bei der diesjährigen Waldzustandserhebung wird es regional zu historischen Ergebnissen kommen. So schlecht ging’s dem Wald im Freistaat noch nie, daran ändern auch Gebiete wie in Südthüringen nichts, in denen sich die Schäden in Grenzen halten. Der Klimawandel zeigt seine Auswirkungen gerade im Wald deutlich.

Dass ein trockener Sommer, wie der im vergangenen Jahr, ausreicht, um die Situation kippen zu lassen, will Ines Chmara nicht gelten lassen. Die Leiterin der Abteilung forstliches Umweltmonitoring im FFK muss schon seit Jahren registrieren, dass die Waldböden immer trockner werden. Das führt zu deutlichen Vitalitätsverlusten bei Bäumen. „Das beobachten wir seit 2003“, erklärt sie, „und wenn es nicht das absolut falsche Bild wäre, würde ich sagen, der Sommer 2018 war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“

Die Raupe des Schwammspinners ist gefräßig.
Die Raupe des Schwammspinners ist gefräßig. © René Köhler/Museum für Naturkunde Gera

Wie jedes Jahr hatte das FFK Dienstag und Mittwoch auf dem Krahnberg bei Gotha rund 60 Förster aus ganz Thüringen eingeladen, um ihren Blick zu schärfen. Schon bald werden sie den Gesundheitszustand der Laub- und Nadelbäume in ihren Revieren einschätzen. Ihre Beobachtungen fließen in die diesjährige Waldzustandserhebung ein. Die Daten wertet das Team um Ines Chmara aus, und Ende des Jahres wird der Waldzustandsbericht 2019 vorgestellt.

Der Krahnberg sei für solche Diagnoseverfahren bestens geeignet, weil hier viele unterschiedliche Baumarten vorkommen, erklärte Steffen Hermann, stellvertretender Forstamtsleiter in Finsterbergen. Besonders sensibilisiert wurden die Fachleute auf Trockenschäden und Insektenbefall.

Borkenkäfer-Invasion zerstört Fichtenbestände

Bernd Waldheim aus dem Forstamt Bleicherode weiß jetzt schon, was ihn in seinem Revier erwartet. Die Borkenkäfer-Invasion hat in Nordthüringen weite Fichtenbestände zerstört, in diesem Frühjahr überraschte das Buchensterben die Förster in der Region. „Ich erwarte eine erschreckende Schadensbilanz – wie nie zuvor.“

Während das Forstamt Finsterbergen in den Höhenlagen über 600 Meter zwar mit Problemen kämpfen muss, ist hier die Zukunft des Waldes nicht bedroht. In der Region darunter sieht das schon anders aus.

Zweite Generation der Borkenkäfer fliegt aus

Am Röhnberg zwischen Mühlberg und Wandersleben haben sich Schwammspinner über die Blätter hergemacht. Wie im Winter recken nun Laubbäume auf großer Fläche ihre kahlen Äste in den Himmel. „Das Ausmaß hier ist viel größer als in Gera“, weiß Ines Chmara. Doch dort eroberten sich die Raupen den urbanen Bereich, das brachte Medienaufmerksamkeit. Für Steffen Hermann ist der Röhnberg nicht das größte Problem, das Schadinsekten im Forstamt Finsterbergen verursachen. Weitaus größere Sorgen bereitet den Förstern der Borkenkäfer. Im Mai sah es so aus, als könnte nach dem Dürresommer von 2018 die Witterung seine massenhafte Verbreitung stoppen.

Doch das erwies sich als Trugschluss. „Gegen Buchdrucker, Kupferstecher und gegen Lärchenborkenkäfer müssen wir ankämpfen, um eine massenhafte Verbreitung zu verhindern. Schaffen wir das nicht, hat das fatale Folgen für den Wald“, sagt der stellvertretende Forstamtsleiter.

In wenigen Tagen fliegt die zweite Käfergeneration aus. Durch die Hitze der vergangenen Wochen hatte diese beste Bedingungen. Das bedeute nicht, dass andere Schädlinge, wie etwa der Schwammspinner, auf die leichte Schulter genommen werden. „Wir werden den Röhnberg im Auge behalten“, verspricht Herrmann. Man müsse sehen, ob die betroffenen Laubbäume wieder austreiben. Meist reagieren sie auf solche Angriffe mit dem sogenannten Johannistrieb noch im gleichen Jahr. Sollte das ausbleiben, müssen die Förster aufs nächste Frühjahr hoffen. Baumfreundliche Witterung vorausgesetzt, könnten die meisten der Hölzer wieder austreiben.

Der Klimawandel verändert den Wald

Natürlich könne man gegen den Schwammspinner vorgehen, erklärt Horst Sproßmann, Pressesprecher von Thüringenforst. Ein Bazillus verhindert, dass die Raupen sich verpuppen können. „Doch solche Maßnahmen sind wenig populär. Und wir als Forstanstalt wollen ohne eine breite Zustimmung der Öffentlichkeit nicht mit chemischen Mitteln agieren.“

Da die meisten Förster schon seit Jahren die Schulung auf dem Krahnberg wahrnehmen, sehen sie, wie der Klimawandel den Wald verändert. Für Steffen Herrmann ist klar: „Bislang gab es Ausreißer, heiße und zu trockene oder verregnete, kühle Sommer. Dann verlief das Klima wieder wie gewohnt. Jetzt scheinen die Ausreißer Normalität zu werden, jedenfalls, was Hitze und Trockenheit betrifft.“ Und das nutzt vielen Schädlingen.

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