Gotha. Ein Pilger wandelt auf Radegundis Pfaden mit Segen und bischöflichen Empfehlungsschreiben.

Darum lassen wir nicht ab, für Euch zu beten und zu bitten. (Kollosser 1,9)

Als es am 1. Dezember 2019 an unserer Hoftür klopft, habe ich keine Ahnung, welche Geschichte sich daraus ergeben wird. Ein Wintertag, ungemütlich und nass, Schneeregen und tiefhängende Wolken, etwas mittagsmüde öffne ich die Tür und vor mir steht eingehüllt in einen Regenumhang ein junger Mann, etwa Mitte dreißig. Er sei Pilger, unterwegs nach Spanien, suche eine Bleibe für die Nacht. Ich bitte ihn herein, gebe ihm ein Zimmer, eine Matratze und – da ich noch etliche Veranstaltungen habe – vergesse ich ihn.

Also am Abend fällt er mir wieder ein, ich klopfe an seiner Tür, er ist noch wach und wir erzählen. Erzählen so schön von seiner Reise mit dem fernen Ziel, ohne Geld, mit so vielen guten Begegnungen, mit solcher Gelassenheit. Ein paar Tage später laden wir ihn ein, ein bisschen zu bleiben und er bleibt. Er wird die nächsten nasskalten Winterwochen hier bei uns und bei Freunden sein, er wird ein bisschen mit anfassen in Haus und Hof und vor allem ein guter Gesprächspartner, einer mit dem unverstellten Blick bleiben, dem Blick eines Mannes, der nichts – und doch so viel hat.

Wir reden auch über Radegunde, die letzte Thüringer Prinzessin und spätere fränkische Königin – eine der ersten Christen ihrer Zeit. Viele vermuten ja, dass sie einst an der Stelle aufwuchs,an der heute die Mühlburg steht. Genau weiß das niemand, aber hier in Mühlberg denken wir jedes Jahr einmal an Radegunde und haben ihr zwei Kapellen gewidmet.

Seit langem möchten wir den Weg, den sie damals nach Frankreich nahm, als Pilgerweg kenntlichmachen: von Mühlberg nach Poitiers.

Und unser Pilger? Er schlägt vor, den Weg zu gehen: Gemeinden zu besuchen, schöne Orte zu fotografieren, wo nötig Geotags zu setzen.

Gestern haben wir ihn verabschiedet mit einem Segen und mit einem Empfehlungsschreiben der Bischöfe Ullrich Neymeyr (Bistum Erfurt) und Friedrich Kramer (Evangelische Kirche Mitteldeutschland). Er geht jetzt mit Auftrag weiter und bleibt mit uns verbunden.

Und unsere Freude ist es, dass er uns auf seinem Weg mitnimmt. Und wir lassen nicht ab, für ihn zu beten und zu bitten. Amen

Matthias Müller ist Pfarrer des evangelischen Kirchspiels Mühlberg.