Nordhausen. Priester wollte er sein, Lehrer ist Andreas Leupold, Direktkandidat der AfD zur Landtagswahl im Wahlkreis Stadt Nordhausen, geworden. Für die AfD will er das Thema Bildung beackern.

Andreas Leupold genau hier zu treffen, war bereits vor zwei Jahren nicht unwahrscheinlich. Ihn nun aber im gelben Regenmantel statt in der schwarzen Kleidung eines Priesters vor dem Dom zu treffen, war es schon: Ein Mann der Kirche hat er werden wollen. Lehrer ist er heute. Und dazu Landtagsdirektkandidat der AfD im Stadtgebiet von Nordhausen.

„Ich kann ein sehr widerborstiger Charakter sein, mit eigenem Kopf“, lächelt der 28-Jährige über die beiden Wendungen in seinem Leben, während er zu Füßen des Gotteshauses, seines Lieblingsortes in Nordhausen, spaziert. Die erste unerwartete Abbiegung nimmt Leupold mit 14 Jahren: Da findet der einzige Sohn eines Personalmanagers bei der Deutschen Bahn und einer Demenzbetreuerin, die beide nicht in der Kirche sind, zur Religion. „Ich habe mich schon als Kind mit grundlegenden Fragen beschäftigt“, versucht er diesen Sinneswandel zu erklären. „Und dann ist 2005 etwas passiert.“ In jenem Jahr stirbt Papst Johannes Paul der Zweite. „Beinahe die ganze Welt trauerte um ihn und plötzlich wurde mit Joseph Ratzinger auch noch ein Deutscher Papst. Das hat mich endgültig euphorisiert“, erinnert sich Leupold an seinen Weg zum Katholizismus, dem er ab dieser Zeit sein Leben verschreiben will.

Doch so weit kommt es nicht. Trotz Studium der Theologie in Erfurt und Wien folgt die nächste Abbiegung: Kurz vor der Diakonatsweihe entscheidet sich der Nordhäuser gegen ein Leben als Priester. Ob dabei auch die kritische Haltung der Kirche zur AfD gespielt hat? Schon 2014 schlägt Leupolds Herz für die Partei. Weil er hier konservative Grundwerte wie das Bekenntnis zur klassischen Familie findet, die das frühere Mitglied von CDU und Junger Union bei anderen nicht mehr entdeckt, wie er sagt. Doch bei den ersten Kundgebungen der AfD in Erfurt verdunkelt das Bistum den Dom und verdeutlicht damit seine Haltung zum migrationskritischen Kurs der AfD. „Das war affig. Und genauso habe ich das auch dem Bischof gesagt“, ärgert sich Leupold noch heute. Seiner Ansicht nach wäre es ein „stärkeres Zeichen gewesen“, den Dom als unparteiisches Haus Gottes „nicht anzutasten“.

Seinen beruflichen Werdegang habe allerdings eine rein persönliche Abwägung beeinflusst: „Ein Leben weit weg von Heimat und Familie war mir zu fern“, sagt er und wird Lehrer an einer Regelschule im Eichsfeld.

Schafft er es nach Erfurt, sieht er genau hier – in der Bildungspolitik – sein größtes Arbeitsfeld. Die Schulausgangsschrift müsse wieder verbindliche Schrift werden und die Ausbildung zum Handwerksmeister für Absolventen kostenfrei sein, nennt Leupold zwei seiner Ideen. Vor allem aber sieht er das Niveau der Schulformen schwinden. „Die Regelschule sollte ihrem Namen nach wieder die Regel werden.“ Dann steige auch das Niveau an Gymnasien und Regelschulen wieder, sei dem Fachkräftemangel entgegengewirkt. Per Prämien will Leupold Lehrer in strukturschwache Region locken.

Sein eigener Schritt in eine Schule sei kein Bruch mit der Kirche, er engagiere sich noch immer in der Gemeinde. Doch seine Abkehr vom Priesterleben verknüpft er auch mit dem Anspruch, sich aktiver in der Politik mitzumischen. „Ich bin Getriebener. Auf Missstände will ich nicht tatenlos schauen, sondern ihnen entgegenwirken“, sagt einer, der seit der Kommunalwahl auch stellvertretender AfD-Fraktionschef in Stadtrat und Kreistag ist. Bei den anderen Parteien nerve ihn die „vermeintliche Alternativlosigkeit“ und ihre „Verlogenheit“. „Die überstürzte Energiewende nach Fukujima etwa, nur wenige Monate nach einem Bekenntnis der Bundesregierung zur Atomenergie, war Populismus, wie er uns ständig vorgeworfen wird“, moniert Leupold. 2015 sei dann schließlich eine „Unverschämtheit gegenüber den Bürgern“ gewesen: Laut Leupold habe man von einer großen Welle an Migranten wissen müssen, und auch dass nicht jedem das Asylrecht zustehe. Zwar habe er als Christ Verständnis für den Wunsch nach einer Verbesserung der Lebensverhältnisse. Einen Winterabschiebestopp werde es mit ihm trotzdem nicht geben. Ein Staat dürfe immerhin definieren, was er leisten kann. Er unterstreicht damit die kürzlich von Björn Höcke vorgestellte Abschiebungsinitiative.

Wie er zum umstrittenen AfD-Landesvorsitzenden steht? Leupold hadert ein wenig, um dann zu sagen: „Als gewähltem Spitzenkandidat stehe ich loyal zu ihm, auch wenn ich nicht jede seiner Einzelmeinungen unterschreiben würde.“

Unterschreiben werde er dagegen sofort eine kleine parlamentarische Anfrage, wird er in den Landtag gewählt: „Wie wird in der Landesentwicklungsgesellschaft Ausschreibungspolitik betrieben?“ Damit wolle er den Druck für eine Ansiedlung im Industriegebiet Goldene Aue erhöhen, ebenso wie er sich für eine Ortsumgehung der B 4 einsetzen möchte, nennt Leupold seine politischen Ziele, die es immer zwischenmenschlich korrekt und in guter Diskussionskultur zu lösen gelte. Verbale Schärfe werde seiner Partei nur fälschlicherweise vorgeworfen.