Nordhausen. Der Krisenstab tagt am Dienstag wiederholt im Landratsamt und spricht unter anderem über mögliche Isolierstation und Quarantäneplätze. Veranstaltungsabsagen werden derzeit nicht erwogen.

Die Zahl der bundesweit bekannt gewordenen Corona-Virusinfektionen liegt am Dienstagnachmittag bei 188, als der Pandemie-Krisenstab für den Südharz im Landratsamt zusammenkommt. „Wir können“, sagt Landrat Matthias Jendricke (SPD), „die Erkrankungswelle nicht aufhalten, nur hemmen.“

Wie der Landkreis dafür gerüstet sei? Amtsärztin Ingrid Francke tut sich schwer mit einer Antwort: „Wir haben noch nicht genügend Informationen, um haltbare Abschätzungen treffen zu können“, sagt sie. Der Leiterin des Gesundheitsamts bereitet vor allem Sorge, dass im Gegensatz zur Influenza etwa 80 Prozent der mit dem Corona-Virus Infizierten wenig oder gar keine Krankheitssymptome zeigen. Diese können unbewusst das Virus immer weiter verbreiten.

Und ein zweiter Fakt beunruhigt: Wer im Verdacht steht, infiziert zu sein, muss 14 Tage lang in häusliche Quarantäne, wird dabei vom Gesundheitsamt betreut. „Diese lange Absonderungszeit macht mir Sorge mit Blick auf die Aufrechterhaltung unseres medizinischen Versorgungssystems. Wir kommen schnell in einen Bereich, wo uns das Personal ausgeht“, meint Ingrid Francke.

Szenarien für Krankenhäuser durchgespielt

Wenn nötig, könnte die frühere Bundeswehrkaserne in Rothesütte Ort für 60 Quarantäneplätze sein, informiert der Landrat. Diskutiert worden sei auch, dass im Falle einer großen Zahl von Erkrankten die normale Krankenhaustätigkeit eingeschränkt wird, das Bleicheröder Helios-Krankenhaus gar umfunktioniert wird. Die Idee indes, ein anderes Gebäude in ein Not-Krankenhaus umzufunktionieren, sei verworfen worden – es würde für dieses schlicht das Personal fehlen. Das Südharz-Klinikum könnte im Falle des Falls die Nephrologie-Station mit ihren 28 Betten binnen weniger Stunden zur Isolierstation umwandeln.

Was die für eine Pandemie nötige Technik und medizintechnische Ausstattung angeht, hat der Landkreis einiges vorzuweisen: In 34 Fahrzeugen von Rettungs- und Sanitätsdienst sowie dem Katastrophenschutz können Patienten mit Corona-Verdacht oder -Infektion transportiert werden.

Beim Rettungsdienst seien 80 Leute hauptamtlich beschäftigt, so Jendricke. Der Landkreis werde sie nach Kräften unterstützen. Die Bestände an Desinfektionsmitteln, Schutzmasken, -kitteln und -füßlingen seien jüngst aufgefüllt worden. Anfang Februar habe man dafür noch einmal 50.000 Euro ausgegeben.

Um die Ansteckungsgefahr für die 16 Leitstellen-Mitarbeiter zu minimieren, gilt inzwischen eine weitreichende Zutrittsbeschränkung für deren Räumlichkeiten.

Amtsärztin rät zum Aufbau einer „zweiten Reihe“ in Betrieben

Der Landrat geht nicht davon aus, dass mit einer Corona-Erkrankungswelle Probleme bei der Wasser- oder Stromversorgung eintreten. Amtsärztin Francke sagt aber auch, dass diese Herausforderung die gesamte Gesellschaft, jeden einzelnen Bereich, betrifft. „Jeder Betriebsinhaber ist gut beraten, wenn er schon jetzt eine zweite Reihe aufstellt, um die Produktion abzusichern oder in der Landwirtschaft die Tiere versorgen zu können.“

Veranstaltungen wie den Bühnenball oder die Messe „Forum Berufsstart“ abzusagen, liegt dem Nordhäuser Gesundheitsamt derzeit fern. „Erst wenn es einen bestätigten Fall gibt, bei dem die Infektionsquelle nicht mehr zu eruieren ist, ist der Zeitpunkt, Veranstaltern größerer Events dringlich ans Herz zu legen, darüber nachzudenken, ob die Veranstaltungen wirklich stattfinden sollten“, so Francke. Allerdings sollte schon jetzt jeder überlegen, ob er seine sozialen Kontakte etwas einschränkt. Vor allem gelte das für die Risikogruppe der über 60-Jährigen mit chronischen Grunderkrankungen.