Nordhausen. Besonders hart ist in der Region die Tourismus- und Reisebranche betroffen, durch Absagen und Stornierungen .

Die Bundesregierung plant, wegen des Corona-Virus’ Wirtschaftshilfen in Milliardenhöhe in Gang zu setzen und Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld vorzunehmen. Welche Auswirkungen hat das Virus aktuell für die Südharzer Wirtschaft? Sind die Schäden bereits abzusehen?

„Die Situation ist wesentlich angespannter, als sie wahrgenommen wird“, sagt Niels Neu, Chef des Nordthüringer Unternehmerverbandes. Er hat bei seinen Mitgliedsunternehmen nachgefragt und innerhalb kürzester Zeit über 30 Antworten erhalten. „Ich schätze, dass die Soforthilfen der Bundesregierung aufgrund der geäußerten Bedenken wahrscheinlich gar nicht ausreichen werden“, führt er aus.

Die Auswirkungen sind quer durch alle Branchen zu spüren. Besonders hart trifft es die Tourismus- und Reisebranche. „Bis jetzt haben wir Fahrten zur Buchmesse nach Leipzig stornieren müssen und eine bereits komplett gebuchte Reise zum Gardasee, die am 30. März gestartet wäre, abgesagt“, teilt Katrin Brauer von Brauer Reisen in Nordhausen mit. Das sei aber erst der Anfang. „Wir haben alle Reisen nach Italien bis zum 4. April ausgesetzt. Anfang April wird neu entschieden“, erklärt sie. Aber auch die Fahrt zum Andrea Berg-Konzert in Erfurt fällt aus, weil das Konzert vom 13. März abgesagt wurde.

„Die Verunsicherung ist groß, wir müssen von Fall zu Fall entscheiden“, betont die Geschäftsführerin. Auch mit der Möglichkeit von Kurzarbeit müsse sie sich beschäftigen. „Fakt ist: Es entsteht schon jetzt ein großer wirtschaftlicher Schaden“, so Brauer.

Nicht viel besser ergeht es der Hotelbranche. „Seit Anfang dieser Woche erreichen uns Stornierungen der Zimmer aufgrund von internen Reiseverboten der Firmen, aber auch von Einzelgästen“, berichtet Diana Brehm, Direktorin des Nordhäuser Hotels Fürstenhof. Am Mittwoch hat eine Reisegruppe mit 20 Teilnehmern abgesagt. Und ein Ende sei nicht abzusehen, so Brehm.

Rückgänge bei den Besucherzahlen hat auch das Nordhäuser Badehaus registriert. „Nach einem Anstieg der Besucherzahlen im Januar und Februar haben wir im März eine Abnahme um 10 bis 20 Prozent festgestellt“, informiert Badehaus-Geschäftsführer Jens Eisenschmidt.

Das produzierende Gewerbe ist von den Auswirkungen bislang weniger hart betroffen. „Es gibt aber Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Arbeitsschutzausrüstung wie Einwegschutzmasken“, hat Katja Will, Geschäftsführerin der Will-Metallbearbeitung in Nordhausen, beobachtet. Es gebe entweder gar keine Masken oder völlig überteuerte. „Wir sind in der Zwischenzeit auf Vollmasken mit Filtern umgestiegen, die wesentlich teurer sind“, sagt Will.

„Wir haben in unserem Werk Schutzmaßnahmen ergriffen wie etwa Verzicht auf Dienstreisen oder die Möglichkeit der ‘Home-Office’-Arbeit für unsere Ingenieure“, verdeutlicht Habau-Geschäftsführer Jens Stark. Wie auch bei der Firma Knauf werde bei Habau in Heringen aufs Händeschütteln verzichtet. „Nach einer Grippewelle vor drei Jahren sind zudem bei uns verstärkt Desinfektionsmittel im Einsatz“, ergänzt Stark.

„Das ist ein Riesenspagat für die Politik“, gibt Ulrich Schlegel zu bedenken. Der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Erfurt betreibt in Nordhausen einen Dämmstoffhandel. Er wisse auch kein Patentrezept. Sofortige Hilfe sei aber schwierig. Das zeige das Beispiel der Kurzarbeit. „Hier fehlen noch die Durchführungsbestimmungen in den Arbeitsagenturen. „Normalerweise muss die Kurzarbeit einen Monat im Voraus beantragt werden. Doch wenn eine Corona-Erkrankung in einem Unternehmen auftritt, muss es sofort handeln“, erläutert er. Also müssten die Erleichterungen Schritt halten mit möglichen erlassenen Zwangsmaßnahmen.