Nordhausen. Das Ende des Domherrenstiftes kam 1810 in Nordhausen durch die Säkularisierung. Die zum Dom gehörende Pfarrei blieb bestehen.

Bekannte Persönlichkeiten wie der Nordhäuser Historiker und Theologe Friedrich Christian Lesser, der Heimatforscher und Lehrer Ernst Günther Förstemann und der frühere Stadtdechant der Dom-Gemeinde, Arno Wand, hatten sich zu unterschiedlichen Zeiten in mehreren Publikationen mit der Geschichte des Nordhäuser Domstiftes beschäftigt. Beim Vereinsabend der Südharzer Geschichtsfreunde im Oktober legte Markus Kröner tiefgründig nach.

In seinem Vortrag, der durch zahlreiche Lichtbilder untersetzt war, referierte der gebürtige Nordhäuser über „Das Personal des Stifts Zum Heiligen Kreuz im Spätmittelalter“. Und beleuchtete dabei unter Zuhilfenahme seiner Dissertation äußerst detailreich eine Zeitspanne von 1220 bis 1517.

Nach dem Tod ihres Mannes, König Heinrich I., gründete Königin Mathilde im Harzer Raum mehrere Damenstifte und tat dies schließlich auch inmitten der von Heinrich I. im Jahr 910 errichteten Burganlage. Durch Kaiser Friedrich II. wurde das Stift 1220 in ein Chorherrenstift umgewandelt. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt.

Nordhausen erhielt die Reichsfreiheit, und aus dem Kollegiatsstift wurde ein Reichsstift. Diese für das Stift vorteilhafte Rechtslage währte bis zur Übernahme durch den preußischen Staat im Jahr 1802. Für das Stift bedeutete dies die steuerliche und rechtliche Unabhängigkeit von der Stadt Nordhausen.

Das Domstift bestand aus einem Ensemble mehrerer Gebäude. Dazu zählten die Stiftskirche, also der Dom, das Kapitelhaus, der Kreuzgang und die Propstei, die allerdings 1899 abgerissen wurde. Noch heute sind an der Begrenzungsmauer zum Humboldt-Gymnasium Spuren der Propstei und des im romanischen Stils errichteten Kreuzganges zu finden.

Die Insassen des Stiftes – die Kanoniker – waren Geistliche, die alle Weihen besaßen und zur Erzdiözese Mainz gehörten. Sie waren zuständig für das Abhalten von Gottesdiensten und Stundengebeten in Gemeinschaft. Zudem versahen sie seelsorgerische Aufgaben, zum Beispiel als Pfarrer in nahegelegenen Gemeinden, andere als Theologieprofessoren oder Kirchenmusiker. Voraussetzung war immer ein entsprechender Bildungsstand, den sie an verschiedenen deutschen und mitunter auch europäischen Universitäten erlangten.

Die Domherren hatten kein Habit, was bedeutete, dass sie keiner Ordensgemeinschaft angehörten und somit keine Ordenstracht tragen mussten. Das Stiftskapitel, die Versammlung der Kanoniker, verwaltete das Vermögen, das in Einzelpfründen aufgeteilt war. Das Privatvermögen der Stiftsherren wurde nicht angetastet.

Das Stift bezog seine Erträge hauptsächlich aus fürstlichen Höfen und weiteren Besitzungen des Kreuzstiftes. Gemeinsame Statuten regelten das Leben der Stiftsherren. Rechtsverbindlich vertreten wurde das Stift nach außen hin durch den Propst oder durch den Dechanten. Das Personal des Herrenstiftes rekrutierte sich zumeist aus Bürgern der Stadt Nordhausen oder aus dem Umfeld bis zu 100 Kilometer.

Erster Propst des Kanonikerstiftes war Dietrich Graf von Honstein. Eingesetzt wurde er von Kaiser Friedrich II. In der vom Referenten beleuchteten Zeitspanne zwischen 1220 und 1517 gehörten nachweislich 78 Chorherren dem Stift.

Nicht nicht immer verlief das Leben friedlich und reibungslos. So gab des Öfteren Streit mit der Stadt Nordhausen. Im Jahr 1428 kam es zu einem spektakulären Diebstahl. Verdächtigt wurden einige Nordhäuser Ratsherren. Verhöre und Folterungen folgten. Mit der Einführung der Reformation verschlechterte sich zudem die Situation des Stiftes. Mitunter kam es gar zu Plünderungen. Erst der Augsburger Religionsfrieden von 1555 sorgte für eine Beruhigung der Lage.

Das Ende des Domherrenstiftes kam 1810 durch die Säkularisierung, jedoch blieb die zum Dom gehörige Pfarrei bestehen. Allerdings wurden der Kirche sämtliche Vermögenswerte und Einkünfte entzogen, in deren Folge die Kirche in die Abhängigkeit des preußischen Staates geriet.

Hans-Georg Backhaus ist Mitglied im Geschichtsverein.