„Kredit ohne Bank!“ Oder: „So leiht man Geld heute.“ Mit markigen Werbesprüchen wie diesen buhlen Start-Up-Unternehmen der Finanzbranche derzeit in Fernsehen und Internet um mich als Kreditnehmer wie auch als ...

„Kredit ohne Bank!“ Oder: „So leiht man Geld heute.“ Mit markigen Werbesprüchen wie diesen buhlen Start-Up-Unternehmen der Finanzbranche derzeit in Fernsehen und Internet um mich als Kreditnehmer wie auch als Anleger gleichermaßen.

­Crowdlending heißt der neue Trend, bei dem private Anleger Ihnen zu fairen Konditionen in Sekundenschnelle Geld verleihen. In der Werbewelt klingt das alles furchtbar hip und total neu. Ich muss dabei trotzdem immer unwillkürlich an meinen Großvater denken: Wie er an runden Geburtstagen an seinem Sekretär die mit Geld bestückten Kuverts öffnete, sich die Höhe der Finanzspritze säuberlich in ein Haushaltsbuch notierte und dies folgendermaßen kommentierte: „Das ist alles nur geborgt.“

Was er meinte: Fast jeder Kinderwagen, bald alle Hochzeiten und wohl auch viele Grabsteine auf den Dörfern sind von der Nachbarschaft vorgeschossen. Man gibt gern auf dem Lande. Wohlwissend, dass es im eigenen Glücks- oder Trauerfall – immer also, wenn große Ausgaben anstehen – das Geld wieder zurückgibt.

Freilich lässt sich das Modell dieser vielen Minikredite nur schwerlich auf große Städte und komplexe Geschäftsideen übertragen. Die Politik kann daraus trotzdem lernen: Der Zusammenhalt in den Dörfern stimmt, auch wenn mancher gern etwas anderes behauptet. Dort gibt es Kredit aus Vertrauen statt für Zinsen. Ein toller Vertrag des Miteinanders. Wenn das kein Argument ist, Menschen wieder mehr in den ländlichen Raum zu locken. Das kann man noch besser ausspielen, muss nur gleichzeitig auch die Orte des Miteinanders pflegen: den Bäcker und Fleischer oder die Dorfkneipe etwa. Und natürlich die Busbude. Von irgendwoher müssen die neuen Kinderwagen und Glückwunschkarten ja auf die Dörfer kommen.