Südharz. Andachten und wachsende Hilfsbereitschaft bei Facebook: Angesichts drastischer Maßnahmen gegen Corona rückt der Landkreis Nordhausen zusammen.

Der am Samstag durch das Land verschärfte Erlass, wonach Veranstaltungen ab 50 Teilnehmern verboten sind, hat weitreichende Folgen für das gesellschaftliche Leben im Südharz. Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, schließen immer mehr Kultureinrichtungen, minimieren Verwaltungen und kommunale Unternehmen ihren Kontakt nach außen. Während das öffentliche Miteinander fast erliegt, bäumt sich der Landkreis allerdings in Sachen gegenseitiger Hilfe auf und wird kreativ: So haben die Jusos – die Jugendorganisation der SPD – seit Samstag eine Initiative, die Risikogruppen wie älteren Menschen und Immungeschwächten als Einkaufshelfer zur Hand gehen will.

Helfer wollen Lebensmittel für Menschen in Quarantäne besorgen

„Mein Großvater hat eine Herzerkrankung. Während ich Corona wohl überstehen würde, wäre ich mir bei ihm nicht so sicher“, erklärt Juso-Mitglied Sophie Meinecke den ernsten Hintergrund dieser Idee, die bereits neun Mitstreiter, einen davon in Bleicherode, gefunden hat. Betroffene können sich telefonisch oder per Mail mit Einkaufszettel an die jungen Helfer wenden. „Wir würden darauf einen losschicken, der die gewünschten Lebensmittel einkauft“, sagt Nordhausens jüngste Stadträtin, die sich auch über das Finanzielle Gedanken gemacht hat. Um eine Ansteckung durch persönlichen Kontakt zu vermeiden, seien Onlineüberweisungen, mit Geld hinterlegte Briefumschläge oder auch Vorkasse bis zum Abebben der Krankheit möglich. Das kläre man telefonisch, so Meinecke, die mit ihrer Idee nicht allein dasteht.

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Auch der Kreisverband der Linken hat am Wochenende ein gleichlautendes Angebot im Internet unterbreitet. Zudem hat sich mit „Nordhausen hilft sich“ eine eigene Facebook-Gruppe gegründet, die laut Beschreibung Helfer und Hilfesuchende zueinander bringt. „Ebenso soll diese Gruppe dazu dienen, Eltern zu vernetzen, die aufgrund der aktuellen Situation Schwierigkeiten mit der Betreuung ihrer Kinder haben“, schreibt Administratorin Summer Vibe.

Digitale Gebete statt Gottesdienste

Doch auch spirituell stehen Südharzer nach dem Ende aller Gottesdienste nicht allein da, weiß mit Regina Englert die Sprecherin beim Evangelischen Kirchenkreis. Ihr zufolge wächst im Pfarrbereich Niedergebra die Idee von Gebetskästen, in denen Trostsuchende Gebetsanliegen einwerfen können, die von hiesigen Pfarrern dann in Fürbitten vortragen werden. Schon jetzt finde sich ein solcher Kasten in Obergebras und Großwendens Gotteshäusern. Weitere würden folgen. Als „Hammerangebot“ bezeichnet Englert obendrein die Idee des Nordhäuser Theologiestudenten Kevin Stilzebach.

Der stellte sich am Sonntagmorgen in Talar vor die Kameras und zelebrierte eine Andacht, die sich nun als Video auf der Facebook-Seite des Kirchenkreises digital mitfeiern lässt. Jeden Tag will der junge Mann nun geistliche Impulse im Netz geben. „Das Bedürfnis danach wächst gerade“, berichtet Englert von knapp 200 Videoaufrufen binnen nur einer Stunde.

Die Einkaufshelfer der Jusos sind erreichbar unter 0174/689 9766 oder per Mail an jusus-nordhausen@web.de, die der Linken unter 03631/980 834 oder info@die-linke-nordhausen.de.

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