Nordhausen. Läden dürfen seit Freitag wieder öffnen. Inhaber schwanken zwischen Hoffen und Bangen.
Blumen müssen sein, neben der Kasse. „Wir freuen uns doch“, sagt Brigitte Heber am Freitagmorgen. Am Abend zuvor hat sie das Schild von der Ladentür genommen, mit dem sie fünf Wochen lang auf die corona-bedingte Zwangsschließung hingewiesen hat. Wie Hunderte andere Geschäfte im Südharz auch. Alle aktuellen Entwicklungen im kostenlosen Corona-Liveblog.
Das Infektionsgeschehen hat sich verlangsamt. Besondere Hygiene- und Abstandsregeln sollen nun genügen, auf dass der Staat der Pandemie auch weiter Herr bleibt. Die Nordhäuser Geschäftsfrau Brigitte Heber also hat eine Plexiglasscheibe am Kassentresen angebracht, am Eingang Desinfektionsmittel aufgestellt. Die Kunden müssen Mund-Nasen-Schutz tragen.
Einkaufen ist unter besonderen Bedingungen erlaubt wie eh und je – ob damit auch alles normal werde? Brigitte Heber ist sich nicht sicher: „Die Leute zieht es jetzt in die Stadt. Aber ob das mit einem großen Kaufverhalten einhergeht?...“
„Wir hoffen, dass die Leute nun wieder bereit sind, Geld auch für Waren des nichttäglichen Gebrauchs auszugeben“, antwortet der „Anziehbar“-Inhaber Steffen Iffland – wohl wissend, dass Kurzarbeit für viele weniger Einkünfte bedeutet, manchen auch die Angst vorm Jobverlust plagt. Nun stehe das Ordern der Herbstmode an, im üblichen Rahmen aber werde dies nicht stattfinden. „Wir sehen erst einmal, wie es in den nächsten Wochen wird, haben das auch unserem Vermieter mitgeteilt.“ Die 5000 Euro Soforthilfe vom Staat und die Möglichkeit der Kurzarbeit hätten geholfen, den einen Monat Umsatzverlust zu verkraften: „Drei Monate aber würden wir nicht durchhalten.“
„Hoffen wir, dass es zu keinem Rückschlag kommt“, fasst die Bleicheröder Geschäftsfrau Susanne Schieke die Ungewissheit zum Pandemie-Verlauf in Worte. Froh ist sie, dass ihr Lieferant kulant war, während der Schließzeit ihres Ladens „Mode + Spiel“ nicht auf der Auslieferung von Kollektionen bestand.
Die Zwangspause in vielen Geschäften sollte deren Wert bewusst gemacht haben, meint Schieke: „Vielleicht wird auf den stationären Handel nun wieder mehr der Fokus gesetzt.“ Bewerben möchte sie diesen mit anderen im Bleicheröder Gewerbeverein gern auch diesen Sommer mit einem „Heimatshoppen“-Tag.
Onlinegeschäft spielt für Gros der Händler höchstens marginale Rolle
Der Nordhäuser Gewerbeverein macht ab Montag mit Plakaten und Bannern auf die lokale Geschäftswelt aufmerksam. Der Slogan „Lokal kaufen. Region stärken“ gilt nach wie vor. „Ich hoffe, dass in der Krise auch die Händlerschaft zusammenrückt“, sagt Steffen Mund, der Gewerbevereinschef. Die Internetseite www.nordhausen-shoppt.de ist noch im Aufbau, die Händlerliste noch nicht komplett.
Die Homepage ist als Informationsplattform gedacht – eine Verkaufsplattform wird sie nicht. Eine solche zu etablieren, sei erwogen worden, sagt Mund und verhehlt seine Skepsis nicht. Der Aufwand – vom Einstellen von Produktfotos bis hin zur Logistik – sei zu groß. Seine Beobachtung: Vom krisenbefeuerten Onlinehandel profitiert kaum ein hiesiger Händler. „Einen Onlineshop aufbauen kann man für 5000 bis 10.000 Euro, das Schwierige aber ist das Bewerben. Konzerne wie Amazon sind zu stark.“
Das Buchhaus Rose etablierte schon hat seit Jahren einen Onlineshop. „Im Internetgeschäft hatten wir in den letzten Wochen einen 300-prozentigen Zuwachs“, schildert Dietrich Rose. Dennoch: Fürs Gesamtgeschäft spielt dieses keine entscheidende Rolle: „Nun entfällt auf den Onlinehandel zumindest ein wahrnehmbarer Umsatzanteil.“
Überrascht hat Rose die positive Resonanz auf das Abholgeschäft: Bis zu 50 Prozent der Umsatzverluste infolge der Ladenschließung seien so an manchen Tagen kompensiert worden. Inwiefern die Ladenöffnung nun wichtig sei? Rose denkt nicht zuerst an die Zahlen: „Fürs Allgemeinempfinden ist sie wichtig. Denn es kommt nun darauf an, mit den Einschränkungen zu leben statt sich zu ergeben.“