Nordhausen. Zur Landtagswahl in Thüringen: Mit Wurzeln im Adel wurde Conrad von Pentz zum Marxisten. Davon will er nun den Südharz begeistern.

„Hätte ich mich mit Polizisten geschlagen, wäre ich jetzt vielleicht Außenminister.“ Conrad von Pentz lächelt zaghaft, als er mit diesem Querverweis zum Grünen-Politiker Joschka Fischer eines der düstersten Kapitel seiner Berufskarriere auf die Schippe nimmt: Ab 1972 unterrichtet der studierte Geschichts- und Physiklehrer in Berlin. Doch lange soll diese Zeit an der Schule nicht währen: Der unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) auf den Weg gebrachte Radikalenerlass verhagelt von Pentz die Karriere.

Wie vielen anderen auch wird dem in der Studentenbewegung aktiven Lehrer vorgeworfen, sich nicht zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung der BRD zu bekennen. Als „juristischen Trick“ bezeichnet der Direktkandidat der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) sein damaliges Berufsverbot. Die in der deutschen Rechtsprechung verankerte Unschuldsvermutung sei hier ausgehebelt worden. Statt ihm seine Schuld nachzuweisen, habe er nun seine Verfassungstreue darlegen müssen.

Dass das nicht geklappt hat, beweist seine Vita, die den zweifachen Vater zum Werkzeugmacher in der Metallbranche hat werden lassen. Den Widerstand trägt er da längst in sich: Vielleicht ist es wegen des Namens – von Pentz. Die Vorfahren des 70-Jährigen besaßen einst eine Burg in Mecklenburg. „Die Herkunft aus einer Adelsfamilie wurde immer mit Großgrundbesitz gleichgesetzt“, erzählt er. „Ich bin dazu früh in Opposition gegangen.“ Dieser kritische – und wie er sagt „globale“ – Blick auf die Dinge lässt von Pentz‘ Engagement für die Ärmsten der Armen schnell gedeihen: Schon als Schüler macht er sich gegen den Hunger in der Dritten Welt stark. Wohl einer der Höhepunkte seines Lebens: Wie sein in der Stadt kandidierender Parteifreund Kurt Kleffel baut er 2015 im nordsyrischen Kurdengebiet unter widrigsten Bedingungen ein Gesundheitszentrum mit auf. Eine weitere Reise nach Kobanê soll folgen: 2018 installiert er mit Gleichgesinnten eine Photovoltaikanlage, um das Zentrum autark zu bekommen.

Was er nun für die Südharzer tun will? Mit Blick auf die Chancen bei der Landtagswahl am Sonntag ist von Pentz Realist: „Mit 70 kann und will ich keine Karriere machen.“ Was er will, drückt er daher mit einem Spruch der Bischofferöder Kali-Kumpel aus, die sich Anfang der 90er gegen die Schachtschließung stemmten: „Um uns selber müssen wir uns selber kümmern!“ Die Kumpel hätten damals gemerkt, dass das Versprechen blühender Landschaften ein falsches war. Sie nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand. „Heute sind viele von damals resigniert. Aber ihr Kampf brachte wichtige Erfahrungen für die Arbeiterbewegung, die bis an Ruhr und Saar strahlten und heute wieder wichtig werden.“

Die Arbeiter- und Volksbewegung wolle er stärken, von Pentz hofft zudem auf die Gründung einer MLPD-Ortsgruppe. „Wir brauchen die 100-prozentige Angleichung der Gehälter auf Westniveau – und das sofort“, sagt der Mann, der erst vor einem Jahr von Wilhelmshaven ins südthüringische Föritztal gezogen ist. Was ihm zuerst aufgefallen ist, als er in seinen Wahlkreis im Südharz kam? „Die Offenheit und die Wut der Menschen“, antwortet er und verweist auf eine Schichtarbeiterin, die nur mit einem Stundenlohn von 10,24 Euro nach Hause geht, obwohl ihr Nordhäuser Arbeitgeber sich selbst als einen Marktführer in der Lebensmittelbranche bezeichnet. Ihn selbst wütend mache die Idee, Giftmüll in den alten Kalitagebauten zu lagern. Diese Zeitbomben gefährden seiner Ansicht nach die Arbeitsplätze unter Tage. „Die können wir nur halten, wenn die Kumpel die Umweltfrage stellen.“ Und so plädiert von Pentz auch für eine abstoßfreie Kaliproduktion, wie sie ein Sondershäuser Unternehmen entwickelt hat. „Ich sehe meine Aufgabe darin, solche Bewegungen in Gang zu setzen“, sagt von Pentz und setzt sich selbst in Bewegung: Von einem kurdischen Bistro soll es zum sowjetischen Ehrenmal auf dem Friedhof gehen. Aber nicht, ohne zuvor dem Bistrobetreiber den kostenlosen Tee auszureden. „Kandidaten der MLPD dürfen keine Privilegien annehmen. Honeckers Wandlitz-Villa würde sich mit uns nicht wiederholen“, betont der Mann, der laut TAZ vor einigen Jahren sein Erbe von 115.000 Euro an die MLPD überwies. Um „für eine Welt einzutreten, die bewohnbar bleibt“, wie der Befürworter erneuerbarer Energien der Zeitung damals sagte.

Angekommen am Friedhof: Warum er Thüringen als Ort seiner Kandidatur und das Ehrenmal als seinen Lieblingsplatz gewählt hat, lasse sich hier leicht erklären: „Die Situation in Thüringen ist besonders“, sagt von Pentz angesichts der regelmäßigen Neonazi-Konzerte wie dem in Themar. Er sei enttäuscht von der Linkspartei, dass die nicht konsequenter dagegen vorgehe. „Alle faschistischen Organisationen müssen verboten werden“, fordert von Pentz und blickt dabei nachdenklich in die steinernen Augen des sowjetischen Soldaten: Zwar setze seine Partei sich kritisch mit der Sowjetunion auseinander. „Aber die SU war auch Hauptkraft bei der Befreiung Deutschlands vom Faschismus.“