Bleicherode. Mit welchen Themen und Ideen die Landtags-Direktkandidaten überzeugen wollen, zeigte die TA-Podiumsdebatte in Bleicherode (Teil 2).

Die TA-Podiumsdiskussion mit den Landtags-Direktkandidaten für das Kreisgebiet von AfD, CDU, FDP, Grünen, Linken und SPD am Dienstagabend bot reichlich Gelegenheit, diese nach ihren Meinungen zu konkreten Themen zu fragen. Neben zahlreichen Kommunalpolitikern hatten einige Bürger Fragen an jene, die es in den neuen Landtag zieht, der am 27. Oktober gewählt wird. Hier eine Zusammenfassung.

Breitbandausbau als öffentliche Aufgabe?

Landrat Matthias Jendricke (SPD) plädiert seit geraumer Zeit dafür, dass die öffentliche Hand die Aufgabe der Versorgung mit schnellen Internetzugängen übernimmt: „Die Konzerne haben am ländlichen Raum einfach kein Interesse“, so Jendricke mit Blick auf die Erfahrung, dass es trotz des vom Bund bereitgestellten zweistelligen Millionenbetrages für den Landkreis bei diesem Thema nicht vorangeht.

Dagmar Becker (SPD) zufolge stehe Rot-Rot-Grün im Land hinter der Idee. Carolin Gerbothe (CDU) hält diese für diskussionswürdig, wohingegen René Strube (AfD) sich skeptisch zeigt: „Wir sind grundsätzlich gegen eine höhere Staatsquote und dagegen, dass der Landkreis noch mehr Aufgaben übernimmt.“

Wie sollte Hilfe für Waldbesitzer aussehen?

Niedergebras Ortschefin Burgunde Krumm (CDU) weist auf die Dürreschäden in den Wäldern, fragt nach Unterstützung der privaten und kommunalen Waldbesitzer durch das Land.

Dagmar Becker räumt Fehler der Vergangenheit ein: „Wir haben leider bis 2017 den Abbaupfad der Vorgängerregierung beibehalten und Stellen in der Forstanstalt gestrichen.“

Birgit Keller (Linke), als Ministerin auch für den Forst zuständig, weist auf den mit 500 Millionen Euro untersetzten Waldaktionsplan, durch den bis 2030 alle Waldbesitzer bei der Schadholzberäumung, Wiederaufforstung und Jungbaumpflege unterstützt werden. Alle Bürger sollten mitpflanzen.

Gerbothe erwähnt, dass die CDU derzeit eine CO2-Bindungsprämie für die Waldbesitzer diskutiere.

Sollte der Landtag kleiner werden?

88 Sitze zählt das Plenum derzeit. Was sie von einer personellen Reduzierung halten, will ein Bürger im Kulturhaus von den Kandidaten wissen.

Ja, aus Kostengründen sei die AfD für eine „deutliche Verkleinerung“, so René Strube. Energisch stellt sich Keller dagegen: „Ich bin nicht bereit dazu, dass wir unsere eigene Demokratie abbauen, das kann nicht Ihr Ernst sein!“

Der Landtag habe die wichtige Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, dies rechtfertige die Größe, sekundiert Becker. Schon heute stünde ein für die Finanzen zuständiger Mitarbeiter in ihrer Fraktion rund 3000 Mitarbeitern in der Finanzabteilung gegenüber.

„Hätte ich wegen einer Halbierung künftig 20 statt zehn Themen zu besetzen, könnte ich nicht mehr garantieren, dass ich ordentliche Arbeit abliefere“, so Landtagsmitglied Babett Pfefferlein, die den Grünen-Direktkandidat Rüdiger Neitzke vertritt. „Politiker sind Dienstleister für die Bürger“, so Gerbothe. „Es sollte beibehalten werden, dass alle einen Ansprechpartner vor Ort haben. Sonst gibt es immer mehr Politikverdrossenheit.“

Landlehrerzulage gegen den Lehrermangel?

Jörg Lorenz, Leiter des Pestalozzi-Förderzentrums, fragt die Kandidaten nach ihrer Meinung zur Idee einer Zulage für jene Lehrer, die im ländlichen Raum arbeiten. Otmar Ganter (FDP) gesteht, sich hierzu noch keine Gedanken gemacht zu haben, doch wolle er das Thema in Erfurt ansprechen. Auch die Vertreter von Rot-Rot-Grün und Carolin Gerbothe halten die Idee für diskussionswürdig. Strube zufolge steht eine solche Zulage im AfD-Wahlprogramm.

Wie können Regelschulen attraktiver werden?

René Fullmann, CDU-Kreistagsmitglied und Landgemeinderat in Bleicherode, stellt die Frage vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels im Handwerk.

Ganter schlägt einen Numerus Clausus für die Gymnasien vor, wie es ihn zu DDR-Zeiten gegeben habe. Denn es genüge, wenn jeder Dritte dort lernt. Becker plädiert für ein längeres gemeinsames Lernen, erwähnt das Modell der Gemeinschaftsschule. „Eine solche muss von den Eltern aber gewollt sein.“

Für wen sollte hier Heimat sein?

Jürgen Weyand, Grünen-Stadtrat in Ellrich, nimmt Bezug auf Wahlplakate, auf denen er oft den Begriff „Heimat“ lese. Wer aber sei willkommen?

„Jeder hat das Recht, da seine Heimat zu suchen, wo er es für richtig hält. Mit unseren ‚eigenen‘ Köpfen kommen wir irgendwann nicht mehr weiter“, antwortet Becker. „Jeder ist herzlich willkommen, der hier seine Heimat finden will“, klingt es bei Gerbothe ähnlich.

Natürlich gebe es in der EU die Freizügigkeit, so Strube: „Ein Portugiese, ein polnischer Arbeiter ist gern gesehen, in Einzelfällen auch eine Fachkraft von weiter her. Auch, wer einen berechtigten Asylgrund hat.“

„Wir brauchen unbedingt ein Einwanderungsgesetz“, so Ganter. Seine Bemerkung, Thüringen schiebe abgelehnte Asylbewerber nicht ab, stößt sofort auf ein Veto Beckers: „Natürlich schieben wir ab, wir hatten nur einen Winterabschiebestopp.“

Keller holt tief Luft, holt aus: Das Gefühl von Heimat entstehe bei ihr nur dann, wenn es auch ihrem Nachbarn gut gehe, „egal, woher er kommt. Diejenigen, die sagen, die Heimat ist nur etwas für die, die hier geboren sind, sind jene, die Brand stiften wollen zwischen Menschen.“

Wie sollen es Langzeitarbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt schaffen?

Pfefferlein weist auf ein bestehendes 7,5-Millionen-Euro-Landesprogramm für 1000 Menschen, plädiert für Ähnliches auch auf Bundesebene. Strube widerspricht mit Blick auf die aktuelle Arbeitsmarktlage: „Da sehe ich maximal Bedarf bei Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen.“ Ganter sieht Weiterbildung als Schlüssel zum Erfolg, was nötig wäre, wenn sich die Arbeitsmarktlage verschlechtert.