Nordhausen. Serie Wahl-Ort: SPD-Kandidatin Anika Gruner will verbilligtes Seniorenticket für Bus und Straßenbahn einführen.

„Immer dann, wenn ich mit meinem Patenkind Ben zum Gondelteich komme, um die Enten zu füttern, fühle ich mich an meine Kindheit erinnert“, sagt Anika Gruner. Die 30-Jährige, die als Direktkandidatin für die SPD in der Stadt Nordhausen antritt, war als kleines Kind regelmäßig mit der Straßenbahn und Oma Ruth in den Stadtpark gefahren. „Später habe ich die Tradition fortgesetzt und dasselbe mit meinen Neffen Lucas und Bennet gemacht“, erzählt die Nordhäuserin von den Besuchen an ihrem Lieblingsort. Und jetzt wird die Tour regelmäßig mit dem lebhaften vierjährigen Ben und seiner Mutter Anja, der besten Freundin von Gruner, unternommen.

Familie und Freundeskreis bedeuten der Direktkandidatin sehr viel. „Sie geben mir Rückhalt und Unterstützung in einer Zeit, die für unsere Partei gerade nicht einfach ist“, betont die junge Frau, die als Wahlkreismitarbeiterin für die SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Becker arbeitet. Denn die Umfragewerte sind knapp fünf Wochen vor der Landtagswahl mit sieben Prozent tief im Keller. Und eine Besserung scheint nicht in Sicht.

„Ich habe auch kein Mittel parat, wie wir da wieder herauskommen. Da könnten wir die besten Kandidaten aufstellen und hätten trotzdem keine Chance, weil der Trend einfach gegen uns ist“, bedauert sie.

Die Möglichkeit, über die Landesliste der SPD gewählt zu werden, ist praktisch nicht vorhanden. „Ab Position 8 spielt die Liste keine Rolle mehr“, gibt sich Gruner keinen Illusionen hin. „Ich habe nicht verstanden, warum wir so weit hinten gelandet sind“, kritisiert sie das Prozedere auf dem Landesparteitag. Sie ist auf Position 30, die zweite Südharzer Direktkandidatin Dagmar Becker aus Wülfingerode auf Platz 24 gelandet.

„Das haben viele nicht verstanden, zumal Dagmar Becker auch noch unsere einzige Umwelt- und Landwirtschaftsexpertin ist. Und das bei der jetzigen Themenlage mit Klimaschutz und Waldschäden“, gibt die Nordhäuserin zu bedenken.

Dennoch versucht sie, das Beste aus der Situation zu mache und schaltet problemlos in den Wahlkampfmodus um. „Ich will das Maximale für Nordhausen rausreißen“, hat sie sich zum Ziel gesetzt. Die Stadt habe sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt. Dennoch werde sie noch zu oft in Erfurt vergessen. „Birgit Keller hat als Ministerin schon einiges erreicht, aber es ist noch viel Potenzial vorhanden, was in Erfurt nicht gesehen wird“, so Gruner, die auch SPD-Kreisvorsitzende ist.

Sie würde gern das Thema Lehrermangel noch mehr in den Fokus rücken. „Die Schulen müssten die Bewerbungsgespräche selbst führen können, damit sich potenzielle Anwärter dort vorstellen, wo sie auch gebraucht werden“, schlägt sie vor. Die starre Bürokratie stehe in Thüringen im Wege. In den anderen Bundesländern gehe es schneller und werde zudem besser bezahlt. „Bei den Gehältern müssen wir noch draufsatteln“, hat sie sich fest vorgenommen. „Für die Stadt Nordhausen stelle ich mir ein verbilligtes Seniorenticket für Bus und Straßenbahn vor, denn ich muss bezahlbare Angebote schaffen, damit noch mehr Leute vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen“, nennt sie einen weiteren wichtigen Punkt auf ihrer Agenda.

„Mein größter Wunsch wäre, dass alle Generationen in Würde alt werden können. Und dass niemand einen Grund hat, aus Nordhausen wegzuziehen, weil er hier einen vernünftigen Arbeitsplatz vorfindet“, betont die Nordhäuserin und begibt sich schnurstracks auf den Weg zu ihrem zweiten Lieblingsplatz in der Rolandstadt, dem Eiscafé Verona in der Bahnhofstraße.

„Dort esse ich am liebten Schoko-Eis und das mit Yogurette-Geschmack“, beschreibt sie ihre Vorlieben. „Dafür bin ich beim Eiscafé-Besitzer schon bekannt“, schmunzelt sie und gibt ihrem Patenkind ein großes Eis aus. „Er mag am liebsten Vanille, doch da komme ich gar nicht ran“, gesteht sie freimütig ein. Auch das Eisessen ist eine Reminiszenz an Gruners Kindheit. Denn die Eisdiele Brehm gab es bereits in den 90er-Jahren in der Bahnhofstraße.