Nordhausen. Eine neue Ausstellung im Nordhäuser IFA-Museum blickt auf das Geschehen vor 30 Jahren zurück. Zur Eröffnung kommt der Thüringer Ministerpräsident.

Wer an 30 Jahre politische Wende in der DDR, die Grenzöffnung und die Wiedervereinigung erinnert, komme an einem Thema nicht vorbei: die Treuhandanstalt. Heute sei offensichtlich, dass deren marktwirtschaftliche Schocktherapie sich massiv bis in die Gegenwart auswirkt – wirtschaftlich-strukturell ebenso wie individuell-biografisch, meint Hans-Georg Franke vom Nordhäuser IFA-Museumsverein.

Nach jahrelangem Schweigen der Betroffenen wachse zunehmend das Bedürfnis, die individuellen Nachwende-Erfahrungen mit der Treuhandpolitik auszutauschen. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung lasse in einer Wanderausstellung Zeitzeugen zu Wort kommen, deren Lebensgeschichten durch das Agieren der Treuhandanstalt unmittelbar beeinflusst wurden, berichtet Franke.

Die Zeitzeugen waren zur Wendezeit beispielsweise Schlosser auf der Neptunwerft Rostock, Kranführerin im Stahlwerk Riesa, Maurer im Chemiekombinat Buna oder Kumpel im Kaliwerk Bischofferode. Als lebensgroße Porträts treten sie den Besuchern in einer neuen Ausstellung buchstäblich auf Augenhöhe gegenüber und berichten von ihren Erfahrungen. Über einen QR-Code können kurze Sequenzen aus ihren Erzählungen angehört werden, in denen sich die damalige Stimmungslage auch heute noch widerspiegelt.

Dabei zeigt sich: Die hier geschilderten Erlebnisse und Empfindungen stehen beispielhaft für die Lebensgeschichten von Millionen Ostdeutscher, die durch Privatisierungen, Betriebsschließungen und Massenentlassungen – zeitweilig oder dauerhaft – an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Besonders bitter für die Betroffenen war, dass die Treuhandanstalt auf individuelle Lebensleistungen, berufliche Qualifikationen und Kenntnisse aus 40 Jahren DDR ebenso wenig Rücksicht nahm, wie auf Emanzipationserfahrungen der Jahre 1989/90.

Der Verein des IFA-Museums und die Rosa Luxemburg Stiftung zeigen in der Zeit vom 4. Juli bis 11. August die von Rohnstock-Biografien entwickelte Ausstellung. Parallel erscheint ein Begleitbuch mit den Geschichten der Zeitzeugen, das in der Ausstellung kostenfrei erhältlich ist.

Eröffnet wird die Schau am 4. Juli um 13 Uhr durch den Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Zeitzeugen aus der Nordhäuser Region werden die Eröffnung begleiten, kündigt Franke an.

Das IFA-Museum ist dienstags bis samstags von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 5 Euro. Am 4. Juli ab 12 Uhr ist der Eintritt frei.