Görsbach. Mit einer Webcam beobachtet Andreas Rzehak in Görsbach das Geschehen am Nistplatz der Störche. Aktuell liegen schon die ersten drei Eier im Horst.

Der Frühling ist da. Wer es nicht glaubt: Ein Blick ins Görsbacher Storchennest beweist es. Die ersten drei Eier liegen im Horst. „Und das wird noch nicht alles sein“, vermutet Andreas Rzehak. „In der Vergangenheit waren es jedes Jahr vier bis fünf.“

Rzehak muss es wissen. Er ist der Storchenvater von Görsbach. Seit 15 Jahren beobachtet er dank einer Webcam das tägliche Geschehen im Nest auf dem stillgelegten Schornstein der alten Bäckerei. Und er teilt seine Leidenschaft mit allen interessierten Tierfreunden. Das Internet macht’s möglich. Rund um die Uhr kann man dem Treiben im Nest zuschauen.

Weißstörche brüten schon immer in der Görsbacher Gegend. Vor 90 Jahren war ihr Nest auf einem Scheunendach in der Kirchgasse. Vor 60 Jahren diente ein Wagenrad auf der Aumühle als Nisthilfe. Und seit 1975 sind die Tiere jedes Jahr zu Gast auf dem Schornstein der früheren Gemeindebäckerei in der Beethovenstraße. Den Grundstein legten damals Gerhard Fein und Helmut Zimmermann.

Die diesjährigen Bewohner des Görsbacher Storchennestes sind nicht beringt. „Deshalb wissen wir es nicht mit Sicherheit, ob es wieder die beiden aus dem Vorjahr sind“, bedauert Andreas Rzehak. Aber es sei wahrscheinlich. Das Weißstorchenpaar von 2019 trug auch keine Ringe.

Seit Ende Februar ist der Nistplatz im Dorf wieder bewohnt. Und am späten Abend des 20. März lag das erste Ei im Nest. Es war eine Punktlandung – genau zum kalendarischen Frühlingsbeginn. Das Timing überraschte. „So zeitig war es noch nie, seitdem ich das Nest betreue“, berichtet Andreas Rzehak. Also seit 2005.

Der tiefe Frost der vergangenen Nächte dürfte den Störchen und ihren Eiern nicht geschadet haben. Diese Kälte sei während der Brutzeit nicht so schlimm, weiß Rzehak. Erst sobald der Nachwuchs geschlüpft sei (etwa in dreißig Tagen), wäre die Rolle des Wetters bedeutsamer. Dann dürfe es zum Beispiel auch nicht zu trocken sein, damit das Futter ausreichend ist. Denn für ihre ganz jungen Sprösslinge suchen die Störche gezielt nach Regenwürmern. Mit Mäusen können die Kleinen zu Beginn ihres Lebens noch nichts anfangen, weil sie diese Nahrung noch gar nicht schlucken können.

Im vergangenen Jahr war die Görsbacher Brut erfolgreich. Das Gelege bestand aus vier Eiern. Zwei Jungstörche sind geschlüpft und haben ihre Nestlingszeit überlebt. „Sie sind gut gewachsen und flügge geworden“, erinnert sich Andreas Rzehak gern. Selbstverständlich sei das nicht, betont der 54-Jährige. Es gab in der Vergangenheit auch Jahre, in denen der gesamte Görsbacher Nachwuchs zu Tode kam. Wie beispielsweise 2005 und 2013.

Seit Langem ist es eine Tradition in der Goldenen Aue, dass die Jungvögel beringt werden. Besonders für die Kinder des Dorfes ist diese Aktion stets ein spannender Höhepunkt des Jahres. Auf jedem Ring steht ein Code, der aus Zahlen und Ziffern zusammengesetzt ist. Werden die Tiere in der Fremde beobachtet und ihre Ringe abgelesen, gibt der Code Auskunft, woher der Vogel stammt. Andreas Rzehak freut sich über jede Rückmeldung, die „seinen“ Nachwuchs betrifft. So weiß er, dass gebürtige Görsbacher Störche zuletzt bei Braunschweig, aber auch in Spanien und Italien registriert worden sind.

„Eine gute Nachricht“ nennt Alt-Bürgermeister Siegfried Junker (SPD) das aktuelle Geschehen im Görsbacher Storchennest. Gerade in diesen schweren Zeiten seien die Störche der Goldenen Aue auch ein Mutmacher, an dem sich die Dorfbewohner erfreuen. „Wir dürfen den Glauben an eine gute Zukunft nicht verlieren“, sagt der 81-Jährige. „Wir müssen jetzt noch enger zusammenrücken.“ Klapperstörche haben durchaus eine Symbolkraft.