Rothesütte. Vor der Landtagswahl in Thüringen: Wanderung der Grünen an ehemaliger Grenze im Südharz. Partei will direkte Demokratie durch Bürgergutachten stärken. Spitzenkandidat träumt von touristischem Höhepunkt.

Wetter mies, Stargast abgesagt – eigentlich keine guten Voraussetzungen für die Wanderung der Grünen um den Drei-Länder-Stein. Der Laune der rund 30 Interessierten tat das am Sonntag trotzdem keinen Abbruch: Vielmehr nutzten sie die Chance, Dirk Adam sowie die Direktkandidaten Sylvia Spehr (Stadt) und Rüdiger Neitzke (Landkreis) zu politischen Fragen auszuquetschen. Spitzenkandidat Adam war für den angekündigten Bundesvorsitzenden Robert Habeck in die Presche gesprungen und durfte nach der Tour mit reichlich Hausaufgaben zurück: Manfred Kappler etwa drückte ihm eine Folie vom Fleischer in die Hand. „Wann wird das mit den Verpackungen endlich eingedämmt“, fragte der Ilfelder, dem Adam eine Botschaft an Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) versprach. Thomas Liebram, Geschäftsführer der gleichnamigen Elektrofirma in Nohra, indes wünschte sich von den Bündnisgrünen eine schnellere Umsetzung der Digitalisierung.

Am Drei-Länder-Stein angekommen, war es an den Politikern zu reden: Noch vor 30 Jahren wäre es unmöglich gewesen, hier zu stehen. Für Adam ein Symbol der friedlichen Revolution mit Privilegien wie Reise- und Pressefreiheit, „das man heute umwandern darf, aber jeden Tag erkämpfen muss“. Doch dafür brauche es eine gesunde Demokratie und Mitbestimmung. Stärken will er die durch Bürgergutachten, bei denen ein Querschnitt von Thüringern aus Daten des Einwohnermeldeamtes bestimmt wird, um über komplexe Themen zu debattieren. Vor zwei Jahren zur Gebietsreform habe man das erprobt. „Mit überraschend konstruktiven Ergebnissen.“ Neitzke sieht im Drei-Länder-Stein ein weiteres Symbol: nämlich für die drei Harz-Anrainer Thüringen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Ihr gemeinsames Engagement im Tourismus müsse gestärkt werden, so sein Plädoyer. Adam sieht darin die Chance, Großes wie etwa eine im Winter und Sommer nutzbare Longboard-Piste auf die Beine zu stellen.

An der Rappbode-Quelle nutzte Sylvia Spehr die Gunst der Stunde, um auf die Klimaveränderung und drohende Dürren hinzuweisen. Der leichte Nieselregen wäre sicherlich kein Argument für sie gewesen, hätten nicht wenige Meter neben der Wandergruppe zig nach dem Borkenkäferbefall gefällte Bäume gelegen. Und wenn erstmals ein Waldbrand im April registriert wird, bestehe akuter Handlungsbedarf, warnte Adam.