Gedanken zum Wochenende: Pfarrerin Juliane Baumann über den Sonntag Jubilate und einen permanenten Kloß im Hals

Wann haben Sie das letzte Mal gejubelt? Also so richtig aus vollem Herzen, laut und frei heraus?

Den Sportlern oder Fans einer bestimmten Sportart fällt da sofort etwas ein. Na klar jubele ich, wenn ich einen Siegespreis errungen, ein Ziel sicher erreicht habe, oder „meine“ Mannschaft in der Tabelle nach oben klettert. Letzte Woche war der Jubel an der Kanustrecke in Sömmerda wieder weithin hörbar, bei der Deutschen Meisterschaft im Wildwasser-Stand-Up-Paddling, zumal ein junger Sömmerdaer allen davonfuhr und mit Gold nach Hause ging. Und an diesem Samstag wird im Stadtzentrum auch wieder viel gejubelt werden, wenn all die kleinen und großen Läuferinnen und Läufer des Citylaufs auf die Strecken gehen.

Juliane Baumann, Pfarrerin der Evangelischen Regionalgemeinde Sömmerda
Juliane Baumann, Pfarrerin der Evangelischen Regionalgemeinde Sömmerda © Juliane Baumann/Evangelische Regionalgemeinde Sömmerda | Juliane Baumann

Jubilate! (lateinisch: Jubelt!) – heißt der kommende Sonntag im Kirchenjahr, dritter Sonntag nach dem Osterfest. Angespielt wird auf den Osterjubel: Dass das Leben über den Tod siegt, dass das Böse am Ende nicht siegen wird. Dem christlich geprägten Menschen ist dies eine vertraute Botschaft und wird zu Ostern allerorten zelebriert und Jesu Auferstehung gefeiert.

Heute, drei Wochen nach Ostern, möchte ich meine Fragen mit Ihnen teilen.

Fragen an den Jubel

Wen frage ich? Den Jubel höchstselbst:

Lieber Jubel, wie geht es dir heute, in diesen verrückten Tagen? Machst Du das gerne, das Jubeln – oder wärst du manchmal lieber was anderes als der Jubel? Stehst du gern im Mittelpunkt? Was oder wen bejubelst du am liebsten? Und was machst du, wenn du gerade nicht jubelst? Was machst du, wenn du traurig bist? Wie siehst du aus – hast du eine Farbe oder eine Form? Bist du immer laut oder auch mal leise? Wem gehörst Du? Wo sind deine Grenzen?

Lieber Jubel, ich frage dich das, weil du mir so oft im Halse stecken bleibst. Ja, ich freue mich ehrlich über all die Sportskanonen und ihre Höchstleistungen, keine Frage, und da kann ich auch ehrlich jubeln. Doch das ist die Ausnahme und ja nur ein kleiner Ausschnitt des wahren Lebens.

Lieber Jubel, ich möchte dich wiederfinden! Du stellst dich in mir nicht ein, lieber Jubel, sondern ergibst dich dem Kloß im Hals, wenn ich in die Welt schaue. Kein Tag vergeht ohne gewaltsames Blutvergießen, keine Nacht ohne Raketeneinschläge. Kein Tag in dieser Stadt ohne Gehässigkeiten, sondern schlimmer noch: Hass und Fremdenfeindlichkeit. Pauschale Verurteilungen an der Supermarktkasse. Menschenverachtende Parolen in den sozialen Medien.

Mein lieber Osterjubel, wo hast du dich versteckt? – Das Gute hat gesiegt und dem Bösen ist die Macht genommen? Auferstehung statt Tod? Wo erlebe ich das? Wo erlebe ich, dass sich die Nächstenliebe, die Jesus gepredigt hat, Bahn bricht?

Der Apostel Paulus schreibt im zweiten Korintherbrief:

„Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden!“ Das ist sein Grund zum Jubeln – weil er es erlebt hat, dass es möglich ist: ein inneres Neu-Werden durch die Botschaft der Auferstehung.

Dass alles neu wird, macht uns auch die Natur jeden Frühling vor, erneuert sich, lebt auf und lässt sich nur wenig beeindrucken von allen Widrigkeiten und allem, was Menschen tun, ihre Welt und das Klima zu zerstören und das Miteinander zu vergiften.

Was macht der Jubel, wenn er traurig ist? Wo lässt er sich wiederfinden? Meine Hoffnung: Er ist noch da, irgendwo versteckt, genauso wie das Gute, das uns Gott ins Herz gelegt hat, und am Ende ewiges Leben und Frieden auf Erden.