Es ist eine abenteuerliche Reise, bei der Mensch bis an seine Grenzen geht: die Besteigung des Elbrus in Russland

Michael Gubelt aus Sömmerda bestieg mit einer Gruppe von Bergsteigern vorwiegend aus dem Landkreis Sömmerda im Juni den höchsten Berg Europas, den Elbrus in Russland. Er berichtet über die abenteuerliche Reise.

Wo sich der höchste Berg Europas befindet, darüber gehen die Meinungen auseinander: Die Geografen sagen, es sei der mit 4810 Metern in Frankreich gelegene und gleichzeitig höchste Gipfel der Alpen, der Mont Blanc. In der Bergsteigerszene hat sich jedoch der Elbrus durchgesetzt, der nördlich des Hauptkammes des Kaukasus, also russisches Grenzgebiet zu Georgien, mit 5642Metern seine höchste Erhebung hat. Die Grenze zwischen Europa und Asien lässt sich allerdings nicht ganz so leicht aufgrund nicht eindeutiger Plattentektonik in dieser Region ziehen.

So viel zur Theorie, nun zur Praxis.

Vom 14. bis 26. Juni machte sich eine Gruppe von Bergsteigern mit genau diesem Ziel auf. Mit dabei waren Matthias Eis und Thomas Lippich aus Rastenberg, Marco Kämmerer aus Ostramondra, Kerstin Kallenberg aus Burgwenden, Swen und Steffi Deubler, Andreas Bernhardt, Tino Weinreich und Norman Knirsch aus Kölleda, Diana Preis aus Köln, Sven Steglich aus Nürnberg (ehemals Sömmerda) und meine Wenigkeit, Michael Gubelt aus Sömmerda.

Nach Flug über Moskau und weiter nach Mineralnyje Wody brachten uns zwei Busse in etwa drei Stunden nach Tscheget (2150 Meter) in das Hotel „Laguna“ am Fuße des Bergriesen. Hier verbrachten wir drei Tage und bereiteten uns durch Akklimatisierungstouren auf unser Vorhaben vor.

Zunächst bestiegen wir den Hausberg des kleinen Ortes, den Tscheget-Pik. Eine gemütliche Tour brachte uns auf den 3400 Meter hohen Gipfel, wo uns zu unserer Verwunderung ein Russe mit Crocs (Gummischlappen) begegnete. Er war so weit wie möglich mit der Seilbahn gefahren, musste aber dennoch durch Schnee. Vom Xaphoon begleitet sang er „Katjuscha“ mit.

Für den nächsten Tag hatte Steffen Kiefer von AT-Reisen aus Leipzig, der uns begleitete, mit dem Pik Felsentiger einen anspruchsvollen, kraftraubenden Berg ausgesucht. 1500 Höhenmeter mussten in oft steilem und teils weglosem Gelände, auch mit leichten Kletterpassagen, überwunden werden, um auf das 3550 Meter hohe Haupt des Berges zu gelangen. Zu erwähnen ist hierbei eine wunderschöne, üppig blühende Wiese, die wir durchquerten.

Einen Tag später führte uns der Weg in das Adylsu-Tal. Dabei war die größte Herausforderung, den Grenzposten zu überwinden. Hatten wir an der Straße für das Prozedere schon eine halbe Stunde benötigt, kontrollierten uns Soldaten ein weiteres Mal, natürlich wieder jeden einzeln, kurz nach Beginn unserer Wanderung. In dem Hochtal angekommen, stiegen wir noch wenige hundert Höhenmeter mit Steigeisen auf einen Gletscher.

Mit der Seilbahn fuhren wir am Folgetag am Elbrusmassiv zu den Botschki-Hütten (3750 Meter) auf. Eine Köchin, die sehr gut in der folgenden Zeit für unser leibliches Wohl sorgte, begleitete uns. Verpflegung musste in die Hütte gebracht, Eis geschmolzen oder Wasser vom Bach geholt werden. Um uns weiter an die Höhe anzupassen, stiegen wir zu der Prijut-11-Hütte (4050 Meter) auf und wieder zurück zu den Fässern, die die Botschki-Hütten darstellen.

Nach zwei weiteren Tagen der Akklimatisation, unter anderem einer Tour zum Pastuchov-Felsen (4650 Meter) und dem Wechsel zur Prijut-11-Hütte, sollte am 22. Juni, also ziemlich präzise zu Mittsommer, der Aufstieg zum Westgipfel des schlafenden Vulkans erfolgen.

Bedingungen waren nicht gerade optimal

Auf Grund der nicht ganz optimalen Bedingungen (Neuschnee, wechselhafte Wetterprognose) konnten wir nicht, wie geplant, in drei Gruppen starten. Dagegen sprachen sich die beiden russischen Bergführer Swetlana und Dimitri aus, welche uns jetzt zusätzlich begleiteten. So starteten wir um drei Uhr mit der Pistenraupe, die uns bis zu den Pastuchov-Felsen brachte. Dann stiegen wir zunächst steil bis auf etwa 5000 Meter auf, um schließlich durch flacher werdendes Gelände in den Elbrussattel (ca. 5300 Meter) zu gelangen. Nach einer Rast stiegen wir dann über die schwierigste Passage, einen rund 35° steilen, mit Fixseilen gesicherten Aufschwung in die Gipfelregion. Dort benötigten wir erneut eine kurze Pause, um dann die letzten Höhenmeter in Angriff zu nehmen. 9.35 Uhr standen wir schließlich zu zwölft auf dem mit 5642 Metern höchsten Punkt nicht nur Russlands, sondern auch Europas. Die Freude war übergroß, die Gletscherbrillen verbargen die eine oder andere Freudenträne. Wind, der an diesem exponierten Berg oft ein Problem sein kann, war kaum zu spüren. Dafür hatten wir leider keine Aussicht zu genießen.

Nach etwa 20 Minuten begannen wir schweren Herzens abzusteigen. Die Sicht wurde immer schlechter, so dass wir oft nur noch die Spur und das nächste rote Markierungsfähnchen sehen konnten – ein so genanntes „White-out“. Bei Einigen machte sich auch die große Höhe bemerkbar durch Doppelbilder und andere Symptome.

Nicht der letzte Besuch in dem faszinierenden Land

Ab 14 Uhr erreichten wir wieder die Prijut-11-Hütte. Aneta hatte schon eine warme Suppe für uns bereit. Diese gegessen, erholten wir uns in den engen Matratzenlagern für etwa zwei Stunden, um am Abend auf der Hütte zu feiern.

Am nächsten Morgen brachten uns nach kurzem Abstieg der Lift sowie der Bus ins Tal in unser Hotel zurück. Besuch des Basars, angeln mit anschließendem Verzehr der gefangenen und zubereiteten Forellen standen am Nachmittag auf dem Programm. Am Abend feierten wir in einem ortstypischen Restaurant diese tolle, hinter uns liegende Woche. Dabei gab es die regionalen Lammspieße und den einen oder anderen Wodka bei ausgelassener Stimmung zu genießen.

Der 24. Juni sollte uns wieder zunächst zurück nach Moskau bringen, wo wir uns von Steffen Kiefer, der uns sehr gut geführt hatte auf unserer Tour, verabschiedeten.

Wir selbst verbrachten noch zwei Nächte in der Metropole an der Moskwa, wo wir mit einem Reiseleiter eine wunderbare Stadtführung erlebten und zusätzlich noch Zeit für individuelle Unternehmungen hatten. Der Wolkenkratzerkomplex, in dem sich unser Hotel befand, zeigt auch auf, wie gegensätzlich dieses Land doch ist.

Wahrscheinlich war es für die meisten von uns nicht der letzte Besuch dieses faszinierenden Landes.