Sömmerda. Direktkandidaten im Wahlkreis 17 Heike Werner aus Erfurt tritt für Die Linke für den Thüringer Landtag an. Sie sagt: „Man soll mich an dem messen, was ich tue.“

Eine-Welt-Läden sind für Heike Werner besondere Orte. Sie mag die Atmosphäre und das Angebot, hält die Einrichtungen, die den Blick auf andere Länder richten, für wichtig.

Im Welt-Laden in Sömmerda, dem Locodemu am Marktplatz, landete sie eher zufällig. Sie war in der Stadt unterwegs und entdeckte diesen „wunderschönen Ort“, an dem Willkommenskultur gelebt werde und von dem aus man schnell im Park, am Wasser oder in der Stadt sei. Seither kommt sie immer wieder gern hierher.

In diesen Wochen hatte Heike Werner vielfach die Gelegenheit dazu. Sie ist gefühlt ständig in Sömmerda und im Landkreis unterwegs. Die 50-Jährige kandidiert für Die Linke als Direktkandidaten im Wahlkreis 17 für den Thüringer Landtag.

Die Suche nach neuen Wegen

Als Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist sie als Gast ohnehin zu vielen Terminen gern gesehen. Vieles aber, betont sie, leiste sie zusätzlich. Ob es einen Amtsbonus für sie gebe, sei schwer zu sagen. Viele Menschen erkennen Heike Werner als Ministerin. Aber es gebe auch andere, denen sie unbekannt ist. Auf alle gehe sie offen zu. Und schließlich: Die Landesregierung habe auch vieles vorzuweisen, sagt sie selbstbewusst.

Als der Linke-Kreisverband die Erfurterin ansprach mit der Bitte, für das Direktmandat zu kandidieren, habe sie sich sehr gefreut. Vieles im Landkreis Sömmerda sei dem Landkreis Leipzig ähnlich, wo sie von 2009 bis 2015 Fraktionsvorsitzende der Linken im Kreistag war. Die Probleme des ländlichen Raumes in einem Speckgürtel um die Landeshauptstadt kennt sie gut. Da stünden Themen an, die ihr schon immer wichtig waren.

Sie sei Neuthüringerin, sagt Heike Werner von sich. In Berlin wurde sie geboren, in Leipzig studierte sie, von 1999 bis 2014 war sie Mitglied im Sächsischen Landtag. Dann trat sie das Ministeramt in Thüringen an – und sei ganz schnell gut angekommen.

Die Veränderung, das Einstellen auf Neues, die Suche nach neuen Wegen ist Teil der Biografie von Heike Werner. Nach einem zweijährigen Praktikum bei der FDJ-Kreisleitung in Zwickau hatte sie 1989 ein Studium für Marxismus-Leninismus und Philosophie begonnen. 1991 wechselte sie zu Erziehungswissenschaft und Soziologie. Dann wurden ihre beiden Kinder geboren. Sie ging in Elternzeit, und von da aus 1999 in den Landtag.

Sie bedauert, dass sie nie ihren Abschluss machte. Als sie Mitglied des Sächsischen Landtags wurde, war sie gerade frisch vom Vater ihrer Kinder getrennt. Sie wollte die Dinge gut machen, mit Leib und Seele, sagt die 50-Jährige. Als alleinerziehende Mutter und neue Landtagsabgeordnete war sie ohnehin stark ausgelastet, mehr sei nicht gegangen.

Für ihre Arbeit sieht sie sich dennoch gut befähigt. Die Menschen sollen sie an dem messen, was sie tut, sagt sie.

Nach der Wende habe sie viel darüber nachgedacht, warum ihr Weg in der DDR so verlaufen ist, wie er war. Sie habe dann sehr viel basisdemokratisch gearbeitet, habe bewusst entschieden, nicht mitzulaufen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen. Sie habe sich mit den Grund- und Freiheitsrechten beschäftigt, für die sie stehe. Alles, was sie jetzt tue, resultiere auch aus dieser Auseinandersetzung. Sie findet, Menschen brauchen eine zweite Chance.

Diese Einstellung beeinflusst auch ihre politische Arbeit. Weil sie weiß, dass es manche mit unterbrochenen Biografien besonders schwer haben, sei ihr öffentlich geförderte Beschäftigung wichtig. Bei der Tafel, der Kreisverkehrswacht oder der Thepra seien da auch im Landkreis Sömmerda schon Stellen entstanden.

In der Arbeitsmarktpolitik gehe es nicht nur um Fachkräftegewinnung, die Zukunft der Automobilindustrie sei gerade auch im Landkreis ein Thema. Fragen bezüglich Brexit und Handelskonflikten beeinflussen die Unternehmen, die dabei noch stärker begleitet werden sollten, sagt Heike Werner. In puncto Fachkräfte gelte es, die vorhandenen Potenziale zu nutzen, für eine gute Schul- und Berufsausbildung zu sorgen und durch Angebote wie Umschulung und Weiterbildung Perspektiven für jeden einzelnen zu schaffen. Auch für Migranten.

Den Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht die 50-Jährige in der Familienpolitik. Da gelte es, viele Dinge, die die Landesregierung begonnen habe, weiterzuführen. Heike Werner nennt das Programm zur Neustrukturierung der Familienförderung, wonach vor Ort entschieden werden kann, wofür das Geld eingesetzt wird. Bisher hätten von der Förderung besonders Städte profitiert, nun könnten für den Landkreis Sömmerda zum Beispiel statt bisher rund 80.000 Euro bis zu 500.000 Euro fließen.

Ältere Menschen aus der Isolation holen

Es gebe ganz andere, zusätzliche Herausforderungen im ländlichen Raum. So soll 2020 das Modell-Projekt „Agathe“ starten, das ältere Menschen aus der Isolation holen soll, damit sie so lange wie möglich selbstbestimmt leben können. Da gehe es um die Belebung nachbarschaftlicher Netzwerke oder den Transport zu Freizeitaktivitäten. Das System der Gemeindeschwestern wieder zu etablieren, könnte nach Ansicht von Heike Werner ebenfalls viel bewirken.

Alles hängt mit allem zusammen, hat die 50-Jährige in ihrem Leben festgestellt. Sie sei immer sehr pragmatisch an die Dinge gegangen, offen, neugierig und optimistisch. Sie sei keine Machtpolitikerin, wolle das, was sie tut, einfach bestmöglich tun. Auch bei ihrer Direktkandidatur. Ihr Mann unterstütze sie sehr und „trägt es mit Fassung“.

Heike Werner erwartet am 27. Oktober ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Linke, CDU und AfD. In Sachsen war sie immer über die Landesliste in den Landtag eingezogen, diesmal will sie es mit dem Direktmandat schaffen.

Kurz gefragt

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Man sieht nur mit dem Herzen gut. (Antoine de Saint-Exupéri)

Was tun Sie morgens nach dem Aufstehen als erstes?

Tee trinken und Radio hören.

Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis?

Meine Kinder…

Und was war Ihr schlimmstes Erlebnis?

Angst um einen sehr nahen Menschen.

Ihr größtes Hobby?

Im Chor singen – liegt leider auf Eis.

Ihr Lieblingsbuch?

Sehr gefesselt hat mich zum Beispiel „Stalins Kühe“ von Sofi Oksanen

Welche Art von Musik hören Sie am liebsten?

Quer Beet.

Ihr Lieblingsessen?

Eintöpfe.

Was erzürnt Sie?

Behauptungen wider besseren Wissens! Herzlosigkeit.

Ihre Stärken?

offen, neugierig, mitfühlend,

beharrlich.

Ihre Schwächen?

Manchmal etwas zu „beharrlich“.

Haben Sie Haustiere?

Tierheimkatze.

Was mögen Sie eher: Sommer oder Winter?

Ich mag alle Jahreszeiten.

Wohin fahren Sie im Urlaub: lieber ans Meer oder eher in die Berge?

Wohnmobil.

Was würden Sie mit auf eine einsame Insel nehmen?

Hängematte.

Und wen?

Meine Lieben.