Hohe Schrecke. Fünf weitere Urwaldreliktarten gefunden. Sie sind Zeitzeugen einer ungebrochenen Waldgeschichte

In den alten Laubwäldern der Hohen Schrecke konnten mittlerweile 20 Urwaldreliktarten der deutschen und mitteleuropäischen Liste nachgewiesen werden. Urwaldreliktarten gehören mit wenigen Millimetern zu den kleinsten Wald- und Holzbewohnern in der Hohen Schrecke und sind zudem sehr selten. Aktuell gibt es höchstens noch 115 Arten in ganz Mitteleuropa. Angepasst an Urwälder, die über einen langen Zeitraum vorherrschten, bevor der Mensch die Wälder nach seinen Ansprüchen umbaute, gelten sie als Zeitzeugen einer andauernden ungebrochenen Waldgeschichte. Viele der Urwaldreliktarten aus der Gruppe der totholzbewohnenden Käfer sind akut vom Aussterben bedroht oder bereits verschwunden. Ihr Überleben ist nur in weitgehend sich selbst überlassenen Laubwäldern möglich.

Echte Urwälder gibt es in Deutschland heute nicht mehr. Wohl aber urwaldähnliche Waldbestände oder auch Altbaum-Ansammlungen – Altholzinseln – die besonders seltene und naturschutzfachlich wertvolle Kleinlebensräume aufweisen. Durch die Bereitschaft ausreichend große, ungenutzte Waldbereiche wieder zuzulassen, hofft man, diese Arten erhalten zu können – so auch in der Hohen Schrecke. Hier werden aktuell bereits insgesamt rund 2000 Hektar Wald nicht mehr forstlich genutzt. Alle anderen Waldflächen des insgesamt rund 6500 Hektar großen Waldgebietes können weiterhin forstwirtschaftlich genutzt werden.

Dank der alten Baumbestände in den drei großen gesicherten Wildnisgebieten und dem integrierten Netz an zahlreichen Altholzinseln sind in der Hohen Schrecke die Voraussetzungen für die Erhaltung ihrer Lebensräume vorhanden und somit hoffentlich auch zukünftig eine gute Lebensgrundlage für diese kleinen Käfer.

6 neue Kinderstuben für den Hirschkäfer

Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes Hohe Schrecke wurden in geeigneten Waldrandlagen im Projektgebiet außerdem die ersten sogenannten Hirschkäferwiegen errichtet. Mit bis zu 9 Zentimetern Größe ist der Hirschkäfer die größte in Europa beheimatete Käferart. Insbesondere durch den Verlust geeigneter Lebensräume sind die Vorkommen des Hirschkäfers in Deutschland und Europa stark rückläufig, so dass der Hirschkäfer auf der bundesweiten Roten Liste in der Kategorie 2 „stark gefährdet“ geführt wird.

Hirschkäfer bevorzugen alte Eichen- und Eichenmischwälder an sonnigen und trockenen Standorten. Im Zuge der forstlichen Waldbewirtschaftung und „Aufräumaktionen“ in den Wäldern wurden die lichten Laubwälder und die für die Entwicklung der Hirschkäferlarven notwendigen Totholzanteile oftmals entfernt. Die in der Hohen Schrecke nachgewiesenen Hirschkäfervorkommen sollen zukünftig durch den Bau von Hirschkäferwiegen unterstützt werden. Hierfür werden etwa ein Meter lange Eichenstämme/Starkäste tief in den Boden um einen Eichenstumpf eingegraben und die Zwischenräume mit Eichenholzhackschnitzel ausgefüllt. Diese „Wiegen“ sollen künftig Hirschkäferlarven als Kinderstuben dienen.