Weimar. Klassik-Stiftung und Bauhaus-Universität starten für die Digitalisierung aufwendiges Kooperationsprojekt mit „3D-RealityCapture-ScanLab“.

In einem Kooperationsprojekt zwischen der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar und der Klassik-Stiftung Weimar digitalisieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler historische Kleidungsstücke. Dabei kommt das sogenannte „3D-RealityCapture-ScanLab“ zum Einsatz, teilte die Bauhaus-Universität in eine Presseinformation mit. Dieses liefere mithilfe von Digitalkameras ein realitätsgetreues Abbild von Goethes Kleidungsstücken. In einem aufwendigen Verfahren werden den Angaben zufolge 3D-Modelle erzeugt, die helfen sollen, durch die Kleidung das Leben und die Persönlichkeit Goethes noch besser zu verstehen und die Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich machen zu können.

Objekt der Begierde wird in einer Kuppel gescannt

Das „3D-RealityCapture-ScanLab“ ist aus Sicht der Experten leicht zu beschreiben und sei sehr beeindruckend: 130 hochauflösende Kameras bilden mithilfe von ringförmig angeordneten Stativen eine Art Kuppel. Das im Mittelpunkt platzierte Objekt wird gescannt, gleichzeitig von allen Seiten fotografiert und von einem Hochleistungsrechner ein detailgetreues 3D-Modell rekonstruiert.

Angewendet wird das Gerät sonst im Bereich Computer Vision, wo bewegte Objekte oder Objekte mit schwierigen Materialeigenschaften rechnergestützt erfasst, ausgewertet und in einen ingenieurwissenschaftlichen Kontext übersetzt werden, heißt es weiter in der Presseinformation. Ziel des Kooperationsprojekts von Bauhaus-Universität und Klassik-Stiftung sei, „qualitativ hochwertige 3D-Modelle unter anderem für nachfolgende digitale Museumsangebote zu generieren“. Der langfristige Erhalt der originalen Kleidung sei die ausschlaggebende Grundidee, die empfindlichen Museumsobjekte in digitaler Form für die Zukunft festzuhalten. Die Stiftung selbst betonte, dass die Digitalisierung neue Möglichkeiten für interaktive Ausstellungen und virtuelle Rundgänge eröffne, die das klassische Museumserlebnis bereichern.

In Kooperation mit der Klassik-Stiftung Weimar erfahre das Großgerät nun einen neuen Verwendungszweck: Historische Kleidungsstücke aus Johann Wolfgang von Goethes Zeit werden digitalisiert, darunter auch solche, die dem Dichter persönlich zugeschrieben werden. So werde deren langfristiger Erhalt gesichert und in digitaler Form für die Zukunft festgehalten. Für das Projekt wurde auch Goethes Hofuniform sowie dessen Reisemantel dreidimensional erfasst. Auf eigens angefertigten Figurinen würden diese fotografiert und in zeittypischer Pose präsentiert.

Mobiler Scanner geht auf Reise ins Atelier

Um die bedeutenden Kleidungsstücke schonend zu behandeln und möglichst wenig zu transportieren zu müssen, wurde das mobile „3D-RealityCapture-ScanLab“ temporär im Atelier für Textilrestaurierung der Klassik-Stiftung Weimar aufgebaut. „Für die Einrichtung des Labs haben wir zwei Tage benötigt. Es war zwar aufwendig, aber die Ergebnisse sind es wert. Die entstandenen 3D-Modelle bieten uns spannende Erkenntnisse bei der Erfassung und Digitalisierung von Textilien und auch zukünftig für die Erschaffung weiterer digitaler Welten“, erklärt Volker Rodehorst, Professor für „Computer Vision in Engineering“. Ziel der Beteiligten Weimarer Einrichtungen sei es, eine langfristige Kooperation aufzubauen, um Kompetenzen für 3D-Digitalisierung, aber vor allem auch deren Einsatz zur Vermittlung und Sicherung von Kulturerbe aufzubauen und für Thüringen nutzbar zu machen. Das „3D-RealityCapture-ScanLab“ wurde durch den Freistaat Thüringen mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Erst jüngst hatte die Klassik-Stiftung darüber berichtet, dass sie schwer zugängliche Räume in ihren Stätten so in 3D erfasst habe, dass sie vom himischen Sofa aus digital besucht werden können. Neben Goethes Privatbibliothek im Goethe-Nationalmuseum werde so auch der Turm der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek mit seiner imposanten Wendeltreppe barrierefrei erlebbar.