Weimar. Pfarrerin Charlotte Reinhold über Machtmissbrauch und einen Weg heraus aus dem Kreislauf.

Da sind zwei Frauen, eine Chefin und eine Angestellte. Macht wird ausgeübt. Die Vorgesetzte diktiert der Angestellten, was sie zu tun hat. Die Untergebene gehorcht, zieht aber einen großen Auftrag an Land. Das ist der Chefin nicht gelungen. Das nutzt die Angestellte aus, wird überheblich gegenüber ihrer Chefin: Ich kann etwas, was du nicht kannst. Ich bin wertvoll, du wertlos!

Die Chefin reagiert und demütigt sie. Die Angestellte fühlt sich bedroht. Kündigt. Flieht. Gibt auf. Täterinnen und Opfer sind sie beide.

Ich habe Recht! Die Klügere gibt nach? Auge um Auge, Zahn um Zahn. Menschen vergleichen sich, beneiden sich, hassen sich, unterdrücken sich, nutzen eine Situation schamlos aus, um besser dazustehen. Das war vor tausenden Jahren genauso wie heute.

Charlotte Reinhold ist Pfarrerin im Pfarrbereich Schöndorf-Großobringen.
Charlotte Reinhold ist Pfarrerin im Pfarrbereich Schöndorf-Großobringen. © Guido Werner | Guido Werner

Ausbrechen aus der Spirale

Die Geschichte an diesem Sonntag „Misericordias domini“ (Barmherzigkeit des Herrn) handelt genau davon im 1. Mose 16,1-16. Sarai und Hagar heißen die Frauen aus dem Alten Testament. Hass führt zu Gewalt, Überheblichkeit zu Demütigung. Bei Hagar und Sarai ist es Gott. Er lässt Hagar nicht im Stich, als sie aufzugeben droht. Das merkt sie erst, als sie ganz allein ist in der Wüste. Geflohen vor der Vergeltung Sarais. Gott will, dass das Leben siegt! Darum auch diese Geschichte in der Osterzeit. Gott verhilft Hagar zu neuem Leben, weil er sie spüren lässt: Ich lasse dich nicht allein, auch nicht, wenn du keinen Ausweg mehr siehst! Er bewegt sie dazu, zurückzukehren. Gott gibt ihr Rückgrat. Also macht sie sich auf.

Lassen wir uns nicht hineinziehen in den Strudel von Neid, Hass und Gewalt. Auch wenn die böse Antwort schon auf der Zunge liegt: Durchatmen. Auf Gottes Stimme im Inneren horchen. Dem Gegenüber die Hand reichen. Nicht die Angst und die Wut siegen lassen, sondern auf Gott vertrauen, der das Leben liebt und uns den Rücken stärkt.

Charlotte Reinhold ist Pfarrerin in Schöndorf-Großobringen