Erfurt. Nach den neuen Einschränkungen im Kampf gegen das Corona-Virus werden die Diskussionen zunehmend emotionaler. Der Chefredakteursnewsletter vom Montag.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

ich hoffe, Sie haben am Wochenende etwas Kraft tanken können. Denn es stehen uns wohl anstrengende Tage und Wochen bevor. Aufgrund der hohen Infektionszahlen, die am Wochenende wieder gemeldet worden sind, wurden neue Einschränkungen im Kampf gegen die Verbreitung des Corona-Virus angekündigt. Die Diskussionen darum werden zunehmend emotionaler geführt. Das zeigte gestern schon die Debatte um die Nachricht, dass der Erfurter Weihnachtsmarkt nicht stattfinden wird. Damit sind wir beim ersten Thema.

Wenn Sie "Thüringen - Der Tag." weiterempfehlen möchten, können Sie dies gern mit diesem Anmeldelink tun.

Rückblick

Absage Erfurter Weihnachtsmarkt, Sperrstunde und andere Maßnahmen

Es war ein letzter Lichtblick, den Händler, Gastronomen und Schausteller für dieses Jahr hatten. Der Erfurter Weihnachtsmarkt und das Weihnachtsgeschäft sollten die hohen coronabedingten Ausfälle für einige wieder etwas ausgleichen. Doch die Hoffnungen darauf mussten gestern begraben werden. Und so verschärft sich die Lage für viele weiter, die schon jetzt am Rande ihrer Existenz stehen. Besserung ist weiter nicht in Sicht.

Doch nicht nur die wirtschaftlichen Auswirkungen treffen die Menschen hart. Der Weihnachtsmarkt hat auch eine emotionale Dimension. Die Aussichten auf ein halbwegs normales Weihnachten trüben sich weiter ein. Das drückt auf die Stimmung. Und auch die Ankündigung einer Sperrstunde empfinden viele als Einschnitt in ihre Lebensqualität. Für Gastronomen und Veranstalter ist es ein weiterer herber Schlag (Was in der neuen Verordnung stehen soll).

Ähnlich wie zu Beginn der Krise wird wieder darüber diskutiert, ob die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen stimmt, mehr Menschen finanziell vor dem Aus stehen als durch das Virus sterben. Es ist eine ethische Diskussion, eine um Alt gegen Jung. Auch keimt die Diskussion in unserer Leserschaft wieder auf, dass sich Beschäftigte im öffentlichen Dienst oder Beamte weniger Sorgen machen müssten, als jene in normalen Angestelltenverhältnissen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten. Corona bietet an vielen Ecken Zündstoff und kann zur Zerreißprobe für unsere Gesellschaft werden.

Dabei hat es den Anschein, als seien wir mit einer Situation konfrontiert, die wir so nicht haben kommen sehen. Ähnlich wie im Frühjahr. Doch weit gefehlt. Die Warnungen vor der zweiten Welle, die uns im Herbst drohen kann, gab es lange. Doch Fehlentscheidungen der Politik, Mängel in der Kommunikation, ein Wirrwarr an Verordnungen, welches die Akzeptanz der Maßnahmen gefährdet und auch Egoismus haben zur jetzigen Lage geführt, die uns in unserem Miteinander viel abverlangen wird. Es braucht mehr gegenseitige Rücksichtnahme und Verständnis für unterschiedlichste Notlagen, um stark aus dieser Krise hervorzugehen.

Mein Kollege Hanno Müller kommentiert die Lage im heutigen Leitartikel als unheimliches Deja-vu.

Übrigens werden - auch dies ist eine Parallele zum Frühjahr - wieder Stimmen laut, wir sollten unsere Artikel im Internet frei zur Verfügung stellen. Gerade die, in denen es um Informationen zu Corona geht. Bereits im März habe ich mich dazu geäußert: "Unabhängiger Journalismus ist nicht selbstverständlich und nicht kostenlos. Unsere Redaktion muss sich in Zeiten der Corona-Krise vermehrt mit Vorwürfen auseinandersetzen, wir würden die Situation nutzen, um Geld zu machen. Das ist zum Teil verständlich, zugleich aber auch paradox und grotesk." (Zum Text)

Ausblick

Geborene Geheimnisträger

Die Debatte um Sicherheitsüberprüfungen von Landtagsabgeordneten hat in der vergangenen Woche hohe Wellen geschlagen. Wie komplex der Sachverhalt ist, haben wir mehrfach berichtet und habe ich auch in diesem Newsletter bereits thematisiert. Mein Kollege Kai Mudra hat sich dem Sachverhalt noch einmal ausführlich gewidmet und auch beschrieben, was die Sprachregelung "geborene Geheimnisträger" in diesem Zusammenhang zu bedeuten hat.

AfD klagt gegen Thüringer Härtefallregelung für Flüchtlinge

Thüringens Härtefallregelung für Flüchtlinge, die abgeschoben werden sollen, steht auf dem Prüfstand. Der Verfassungsgerichtshof in Weimar verhandelt heute über eine Klage der AfD-Landtagsfraktion gegen die sogenannte Härtefallkommission. Diese kann nach Angaben des Migrationsministeriums Flüchtlingen und anderen Ausländern, die nach Behördenentscheidung ausreisen müssten, eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Bei den Entscheidungen spielten humanitäre oder persönliche Gründe eine Rolle.

CDU-Spitze berät über Parteitag

Die CDU-Spitze will heute vor dem Hintergrund drastisch steigender Corona-Infektionszahlen darüber entscheiden, ob, wie und wann ein neuer Parteichef gewählt werden kann. Dass der für den 4. Dezember in Stuttgart geplante Parteitag mit 1001 Delegierten stattfindet, galt in der Parteiführung zuletzt als unwahrscheinlich. Gegen 12.00 Uhr wollte Generalsekretär Paul Ziemiak über die Ergebnisse der Beratungen informieren.

Service - Coronakarte

Auch das noch

Nachbarn gehen mit Spaten und Eisenstange aufeinander los

Es ging wohl um einen laufenden Traktormotor und Luftverschmutzung, die zwei Nachbarn im Rentenalter derart gegeneinander aufbrachte, dass beide mit Kopfverletzungen behandelt werden mussten.

Donald Trump, der sich stets als Kämpfer für die US-Wirtschaft präsentiert, ruft zum Boykott des amerikanischen Reifen-Konzerns Goodyear mit mehr als 60.000 Mitarbeitern auf. Ob die Präsidenten-Limousine mit dem Spitznamen "Beast" jetzt auch umgerüstet werden soll? Eine Sicherheitsangelegenheit. Kein Kommentar.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Ihr Jan Hollitzer
Chefredakteur
Thüringer Allgemeine

Schreiben Sie mir: j.hollitzer@thueringer-allgemeine.de

(mit dpa)