Erfurt. Der Oberbürgermeister der Stadt Erfurt, Andreas Bausewein (SPD), fordert von Jan Hollitzer im Namen der Thüringer Allgemeine eine Gegendarstellung. Worum es geht, lesen Sie im Chefredakteursnewsletter.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

gestern wurden wir von einer Nachricht überrascht, die so nicht absehbar war. Aber natürlich waren wir für Sie wieder bis spät im Einsatz. Kommen wir also rasch zum ersten Thema. Wenn Sie "Thüringen - Der Tag." weiterempfehlen möchten, können Sie dies gern mit diesem Anmeldelink tun.

Rückblick

Teil-Lockdown wird verlängert

Eigentlich sollte es gestern in der Runde der Ministerpräsidenten mit Angela Merkel um Digitalisierung, Energiewende und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft gehen. Auch der Kampf gegen Rassismus und gegen Rechtsradikale stand auf der Agenda. Dass es natürlich auch um Corona gehen sollte war klar.

Nicht abzusehen war allerdings, dass weitere weitreichende Beschlüsse gefasst werden. Umso überraschender wurde am Abend verkündet, dass der Teil-Lockdown bis 10. Januar verlängert wird.

Erfurts OB fordert Gegendarstellung

Überrascht wurde ich gestern auch von einem Beitrag auf dem offiziellen Portal der Stadt Erfurt. Dort las ich zufällig, dass der Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) von mir eine Gegendarstellung gefordert hatte. Bei mir war aber nichts Derartiges eingegangen.

Screenshot von der Homepage der Stadt Erfurt.
Screenshot von der Homepage der Stadt Erfurt. © Stadt Erfurt

Es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang und mir so in meiner bisherigen Karriere auch noch nicht vorgekommen. Mal abgesehen davon, dass vor Zustellung einer Gegendarstellungsforderung ein Beitrag dazu öffentlich publiziert wurde, hat mein Kollege Martin Debes sauber alle Seiten zu Wort kommen lassen. Auch die Begründung, dass der Artikel "demotivierend" wirke, kann keine sein. So könnte jedes Unternehmen, welches möglicherweise durch wirtschaftliche Schieflage in die Medien gerät, sagen, es ist demotivierend für die Mitarbeiter, obwohl der Fakt stimmt.

Unsere Redaktion erreichen viele anonyme Hinweise auf Missstände. In dem betreffenden Artikel haben wir allerdings auf konkrete Personen Bezug genommen, die uns ihre Erfahrung mitgeteilt haben. Und wir haben sie nach allen Seiten gegenrecherchiert. Das macht Qualitätsjournalismus aus. Wir haben uns dem Pressekodex verpflichtet und arbeiten seriös, stehen auch presserechtlich für Falschaussagen gerade. Anders als viele vermeintlich seriöse Quellen in den sozialen Netzwerken.

Jedenfalls konnte ich durch ein Telefonat mit Andreas Bausewein in Erfahrung bringen, dass er den Artikel auf seinem eigenen Portal nicht einmal kannte, geschweige denn sagen konnte, wer ihn überhaupt geschrieben hat. Eingeweihte können sich denken, wer es war und welche Herkunft er hat. Aber der OB und SPD-Politiker bestätigte, dass er "etwas unterschrieben hat", mit dessen Inhalt man juristisch gegen unsere Berichterstattung vorgehen will. Wahrscheinlich kriege ich heute Post.

In dem betreffenden Beitrag wurde ein Beispiel skizziert, dass die vom Bund oder Land auferlegten Maßnahmen auf operativer Ebene nicht zu leisten sind. Es war kein Vorwurf an die Handelnden, die am Ende ihrer Kräfte sind. Aber am Ende stehen konkrete Schicksale dahinter. Darum geht es uns. Wir wollen die Lebenswirklichkeit unserer Leser abbilden. Und, lieber Herr Bausewein, wir schreiben nicht für Klicks. Das unterscheidet uns vom Boulevard.

Eindämmungserlass empfiehlt Paket lokaler Maßnahmen

Das Thüringer Gesundheitsministerium schlägt den Landkreisen und kreisfreien Städten mit einem neuen Eindämmungserlass zusätzliche lokale Schutzmaßnahmen beim Überschreiten bestimmter Infektionswerte vor. Für die Maßnahmen gelten demnach nun fünf Stufen: Unter 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen (1. Stufe), ab 35 Neuinfektionen (2. Stufe), ab 50 (3. Stufe), ab 100 (4. Stufe) und ab 200 (5. Stufe). Was dies konkret bedeutet, hat meine Kollegin Sibylle Göbel aufgeschrieben.

Streit um Rundfunkgebühren

Die Zustimmung des Thüringer Landtags für einen höheren Rundfunkbeitrag erscheint als sicher. Aus der Union verlautete übereinstimmend, dass ausreichend Abgeordnete im Parlament dafür votieren wollen, um zusammen mit der rot-rot-grünen Minderheitskoalition eine Mehrheit zu sichern. Die CDU-Fraktion debattierte am Mittwoch die Beitragserhöhung, fasste aber noch keinen formalen Beschluss. Erwogen wird auch, die Abstimmung freizugeben. Das heißt, jeder Abgeordnete würde nach seinen persönlichen Vorstellungen abstimmen. Kritik wird dennoch laut, wie mein Kollege Martin Debes schreibt.

Zugleich kommentiert er die Vorgänge in Sachsen-Anhalt: "Trotzdem ist der Aufstand, der gerade von der Union in Sachsen-Anhalt geprobt wird, ein groteskes, unwürdiges und heuchlerisches Schauspiel. Schließlich soll der monatliche Rundfunkbeitrag nur um 86 Cent auf 18,36 Euro steigen, als erste Erhöhung seit 2009." Warum? Deshalb.

Ausblick

Entscheidung über Immunität von Ramelow und Höcke

Der Justizausschuss wird in Vertretung des Parlaments am Freitag über den Antrag entscheiden, die Immunität von Bodo Ramelow aufzuheben. Eine Mehrheit gilt als sicher, Ramelow selbst hatte öffentlich darum gebeten. In derselben Sitzung soll auch die Immunität von AfD-Fraktionschef Björn Höcke aufgehoben werden. Hintergründe dazu hat mein Kollege Martin Debes, der auch mit Stefan Möller (AfD) gesprochen hat, der dem Ausschuss vorsitzt.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Ihr Jan Hollitzer
Chefredakteur
Thüringer Allgemeine

Schreiben Sie mir: j.hollitzer@thueringer-allgemeine.de