Die SPD scheint es in der Minderheitsregierung nicht einfach zu haben. Der Chefredakteursnewsletter vom Dienstag über den neuesten Profilierungsversuch der Koalitionspartner.

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Rückblick

Die SPD scheint es in der Minderheitsregierung gerade nicht einfach zu haben

Also so etwas erleben wir als Redaktion auch nicht alle Tage. Da will uns doch glatt ein Sprecher von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) eine exklusive Geschichte verkaufen, obwohl diese bereits publiziert, besser gesagt gebloggt worden ist. Nämlich von Siegesmunds Co-Autoren Benjamin Hoff (Linke). Gemeinsam mit dem Staatskanzleichef hatte sie ein Positionspapier verfasst, dass den eingängigen Namen „Corona-Rezession bewältigen und Thüringen doppelt krisenfest machen – Investitionen für nachhaltige Konjunktur, gute Arbeit und gutes Klima“ trägt. Aha.

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Und wie man dem Titel entnehmen kann, geht es "also nicht zuletzt um finanz- und wirtschaftspolitische Aspekte. Und die werden in der rot-rot-grünen Landesregierung von zwei sozialdemokratischen Ressortchefs verantwortet", wie mein Kollege Elmar Otto ausführt.

Doch weder Finanzministerin Heike Taubert noch Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (beide SPD) waren involviert. Sicher, das Papier - in wissenschaflticher Ausführung - markiert nur einen Arbeitsstand. Aber ist der übliche Weg nicht, einen Vorschlag zu machen, dann diesen innerhalb der Regierungskoalition und des Kabinetts zu besprechen, zu finalisieren und dann gemeinsam der Öffentlichkeit zu präsentieren? Einen Arbeitsstand zu verbreiten, der andere Ressorts tangiert, kann man auch als Profilierungsversuch oder als Affront werten, der die innerkoalitionäre Wetterlage nicht unbedingt aufheitert.

Bei aller Leidenschaft für Transparenz wirkt es doch recht unprofessionell, dass die SPD-Minister aus der Presse von einem Papier erfahren, dass noch halbgar ist und sie dazu zwingt, es öffentlich abzuwatschen.

Aber es wird ja noch besser. Wie oben erwähnt, wurde uns das Papier als Exklusiv-Geschichte von den Grünen angeboten. Da hatte, wie dem Tweet Hoffs zu entnehmen ist, dieser schon geschrieben: "Dazu bloggen wir..." Nur wusste die eine Hälfte des doppelten Wir davon scheinbar nichts. Und diese war Anja Siegesmund, die ihrerseits dann aber fünf Stunden später einen Tweet absetzte. Oder absetzen musste.

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Na, da war wohl mächtig Stimmung gestern. Irgendwie erinnert mich das an die jüngste Auseinandersetzung zwischen Sozialministerin Heike Werner (Linke) und Innenminister Georg Maier (SPD), die sich auch öffentlich auf Twitter über Zuständigkeiten von Gesundheitsämtern und Polizei bei den "Spaziergängen" stritten. Schließlich sprang sogar Bodo Ramelow noch Werner auf Twitter bei. Die SPD scheint es in der Minderheitsregierung gerade nicht so einfach zu haben.

Ich kann Ihnen dazu nur diesen Text meines Kollegen Elmar Otto wärmstens ans Herz legen.

0,14 Prozent der Thüringer bei Demos

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Sie erinnern sich an den gestrigen Newsletter und meine Ausführungen zu übertriebener Berichterstattung über "Hygienedemos" und die daraus resultierende Wahrnehmung deren tatsächlicher Größe? Ich mache es also kurz. 2900 Menschen sind in Thüringen gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gegangen. Bei 2,137 Millionen Einwohnern enstpricht das rund 0,14 Prozent der Menschen in unserem schönen Bundesland. mehr

Ausblick

Zank um Residenzkultur

Am Staatsvertrag für die neue Schlösserstiftung gibt es scharfe Kritik. Sachsen-Anhalt ist gegenüber Thüringen im Vorteil. Die thüringische Residenzkultur soll künftig von Halle aus verwaltet werden. Im Gegenzug dafür gibt es einen Batzen Geld. Aber geben wir dafür freiwiliig ein Stück Thüringer Seele her?

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Auf unserer heutigen Seite 3 in der gedruckten Ausgabe schließen wir die Serie Helden des Alltags ab. Ich empfehle Ihnen die Kurzportäts nicht nur wegen der großartig durch unseren Fotografen Sascha Fromm inszenierten Fotos.

Wie steht es um die Fleischbetriebe in Thüringen?

Mein Kollege Kai Mudra hat gestern den Fleischmarkt Aschara besucht und sich umgehört. Nachdem in anderen Bundesländern Fleischbetriebe von Corona-Ausbrüchen betroffen waren und noch sind, sieht es am Rande von Bad Langensalza noch gut aus. Thema war auch die Forderung nach höheren Fleischpreisen.

Horizonterweiterung

Das wird Ihre Sicht auf die Welt erweitern

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Sie alle kennen die Weltkarte, die wir stets bemühen. Was viele nicht wissen, wurde diese vom belgischen Kartografen Gerhard Mercator im 16. Jahrhundert erfunden. Sie streckt die Darstellung der Erde mit ihren Kontinenten vom Globus auf eine flache Ansicht. Dabei wurde gestaucht und gezogen. Eine Website stellt die tatsächlichen Größen dar. Faszinierend. Es wird Ihre Sicht auf die Welt verändern. Probieren Sie es aus.

Ich wünsche Ihnen einen erhellenden Tag

Ihr Jan Hollitzer
Chefredakteur
Thüringer Allgemeine