Gera. Warum die Geraer Turner trotz zahlreicher neuer Mitglieder vor einem schweren Spagat stehen und sich neue Probleme ergeben.

Jan Dreßler

Im Turnzentrum Gera an der Pandorfhalle herrscht auch am Montagmorgen noch reger Betrieb. Ein Speedskater dreht seine Runden, während eine Gruppe Seniorinnen sich mit Morgensport fit hält. Wenig später sollten auch die Turner des TV Gera ihr Training beginnen.

Übungsleiterin Elke Klemmert freut sich über das Engagement ihrer Schützlinge. Freuen sollte sie sich auch eigentlich über das wachsende Interesse an ihrem geliebten Sport. So kann der Turnverein allein im letzten Jahr 70 neue Mitglieder zählen, 50 davon jünger als sechs Jahre.

Kooperation mit Kindergärten und Freude an Fitness bringt neue Mitglieder

Die Beweggründe sind schnell genannt. Erstens hat der Turnverein Kooperationen mit Kindergärten aus der Umgebung, wie dem Senfkorn oder dem Kinderparadies. Die Kinder haben so schon früh erste Berührungspunkte mit dem Sport und kommen durch diese „Schnupperstunden“ auf den Geschmack. Zweitens hält Turnen fit. Ein wichtiger Aspekt für viele Eltern bei der Erziehung.

Diese Zahlen könnten sogar zur Normalität werden, so Elke Klemmert. Doch nochmal so viele neue Mitglieder kann sich der TV gar nicht leisten. Denn während die Jugend das Turnen für sich entdeckt hat, sieht das bei den Erwachsenen schon ganz anders aus. Es fehlt schlichtweg an allen Ecken und Enden an Übungsleitern oder Betreuern und das nicht nur im TV Gera, sondern auch in anderen Thüringer Vereinen.

Es fehlt an Trainern, die die Kinder betreuen können

Die verschiedenen Gruppen der Kinder sind zu überfüllt, die vorhandenen Trainer können die Aufgaben nicht mehr allein stemmen. Vor allen fehlt es an jungen Trainern. Im TV Gera sind zum Beispiel keine Trainer unter 30 Jahren zu finden. Auch im Hinblick auf weitere Altersangaben verdeutlicht sich die Problematik. Bis 40 Jahren hat der TV nur einen richtigen Trainer und das ist Elke Klemmerts Sohn Michael.

Das Problem steht auch im Zusammenhang mit der Stadt Gera. Die Attraktivität der Hochschulstadt ist nicht so hoch wie im Vergleich mit Jena oder Erfurt. So ziehen Studierende eher weg und beginnen in anderen Städten ihre Trainerlaufbahn. Doch der TV Gera hat das Problem längst erkannt. Es zu lösen, gestaltet sich allerdings weiterhin schwierig. Trainerin Elke Klemmert befürchtet, dass es beim Aufnahmestopp bleibt, dass nicht jeder, der turnen möchte, vom Verein betreut werden kann.

Lösungen wie Kooperationen mit anderen Turnvereinen wie Jena seien schwierig, nahezu unmöglich. So bleibt also nur noch freiwillige, ehrenamtliche Arbeit. Doch die Bereitschaft von Turnliebhabern, oder einfach nur Sportbegeisterten, ist zu gering. Schon etliche Anrufe vom TV an ehemalige Kollegen oder ehemalige Turner wurden abgelehnt, zu wenig Zeit oder wenig Interesse seien Hauptgründe der Absagen. Und so bleibt das Problem weiter vorhanden.

Auch Elke Klemmert möchte kürzertreten. Die im August 70 Jahre alt werdende Diplom-Sportlehrerin, die auch im Ehrenamt arbeitet, sucht auch deshalb nach Nachfolgern. Denn sie weiß auch, dass ohne sie der Verein vor dem Aus steht. Alles, was es also braucht, um den Sport in der Region weiter zu fördern, ist nicht das Interesse, sondern eine Handvoll Leute, die die Kinder trainieren und so den Sport, die Kinder und die Vereine freiwillig unterstützen, fördern und voranbringen.