Erfurt. Der Kicker, der mittlerweile Trainer ist, kam vor fünf Jahren nach Erfurt und hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt.

Weltweit fliehen Menschen. Das Leben im eigenen Land ist zu gefährlich. Tausende Flüchtlinge kamen 2015 nach Deutschland. Unter ihnen Saady Essa mit seinem Onkel. „Ich wollte nicht, dass meine Geschwister den Krieg miterleben“, sagt Essa. Zuvor versuchte schon Essas Vater aus der Heimat Syrien zu flüchten, er scheiterte. Nicht so sein Sohn. „Wir waren zwei Wochen mit dem Boot, dem Auto, dem Bus und zu Fuß unterwegs. Es ging verhältnismäßig schnell. Nach unserer Ankunft in Deutschland sind wird zuerst nach München gekommen. Vor der Flucht hat mir mein Vater gesagt, dass wir zu meiner Tante nach Erfurt gehen sollen. Sie lebt dort schon seit sieben Jahren“, erzählt Essa. Wenige Monate später folgte der Rest der Familie, sie wohnen nun alle in Erfurt.

Ein gutes Gefühl für Saady Essa. Anfangs kümmerte sich seine Tante um den leidigen Papierkram. Doch auch er wollte verstehen, was er dort auszufüllen hatte. Er wollte mitreden. „Ich habe zuhause die deutsche Sprache durch Hören und Sprechen gelernt. Anfangs mit Bilderbüchern, wo die Wörter in Deutsch und Arabisch standen. Bei der deutschen Sprache half mir auch meine damalige Freundin“, erzählt Essa, der ohne Sprachkurs auskam. Er hat sich schnell integriert, sportlich wie schulisch. Vor wenigen Tagen hat er seinen Realschulabschluss gemacht.

Sein Berufswunsch? Essa erinnert sich an einen besonderen Moment: „Als ich noch kleiner war, habe ich zu meiner Mutter gesagt, ich werde Polizist.“ Dieser Kindheitswunsch ist immer noch aktuell. Wie auch zwei weitere: Feuerwehrmann und Arzt. Um in den Arztkittel zu schlüpfen, braucht er sehr gute Noten und das Abitur. Das schreckt ihn nicht: „Ich bin ehrgeizig und traue mir zu, noch weiter zu lernen.“

Dass er auch gut mit Kindern umgehen kann, bewies er kürzlich bei einem Praktikum im Kindergarten. Er überraschte die Kleinen mit seiner Gitarre und beim Sportmachen. „Die Kinder haben sich sehr gefreut, dass ich mit ihnen gesungen und Fußball gespielt habe.“ Futsal spielt er seit seiner Ankunft in Erfurt. Ein Projekt machte es möglich. Zunächst angegliedert beim Verein „Spirit of Football“, nun bei der Hochschulliga Erfurt. Beide Vereine sind Stützpunktvereine im Programm „Integration durch Sport“ und erhalten Fördermittel des Bundesinnenministeriums für ihre Integrationsarbeit.

Unterschiedliche Kulturenerfolgreich zusammenbringen

„In Syrien habe ich allein mit Fußball angefangen. Richtig Fußballspielen konnte ich aber nicht. Das habe ich in Erfurt gelernt“, berichtet der Teenager, der zweimal in der Woche zum Training kommt. Dienstags trifft sich die Freizeitgruppe, freitags die Wettkampfgruppe. Geleitet wird die stark aufgestellte internationale Truppe mit Spielern aus Libyen, Syrien, Elfenbeinküste, Portugal oder Brasilien von Robert Fritsch und Jonas Pflum. „Gerade im Sport funktioniert es richtig gut, die unterschiedlichen Kulturen zusammenzubringen“, sagt Fritsch.

Und groß erklären muss er Fußball auch nicht. Schließlich wird es weltweit gespielt und geliebt. „Jedem sind die grundlegenden Regeln klar. Es werden dann Brücken auf allen sportlichen Ebenen gebaut. Der Sport fungiert ein Stück weit als Türöffner“, sagt Pflum und sein Partner erklärt: „Wir haben klare Regeln, was den Umgang untereinander angeht und auch gegenüber dem Schiedsrichter. Wir wollen erfolgsorientiert spielen, aber immer fair bleiben.“

Einmal im Monat dürfen sie das Gelernte aus dem Training im Spielbetrieb anwenden. Die Ligasaison dauert von Oktober bis Mai, angelehnt an die Studiensemester. Abseits des Hallenfußballs treffen sie sich wie zu Beginn der Saison zu einem Kochabend. Außerdem gibt es eine Whatsapp-Gruppe. „Wir sind dann Ansprechpartner, wenn es zum Beispiel um die Suche nach einem Ausbildungsplatz geht oder den Stundenplan an der Uni“, meint Fritsch.

Und auch für Saady Essa, der sich prächtig innerhalb des Projekts entwickelt hat. „Anfangs war er sehr impulsiv, er wollte vieles allein machen. Inzwischen ist er sehr erwachsen geworden. Er spielt sehr vorbildlich, ist sehr ehrgeizig und ist Teil der ganzen Truppe“, freut sich Fritsch über die positive Entwicklung des jungen Syrers.

Der Angesprochene möchte sein angeeignetes Wissen gern weitergeben. „Ich habe den Übungsleiterschein und könnte mir vorstellen, auch mit Kindern zu arbeiten.“