Oberhof. Im stürmischen Oberhof bejubeln die deutschen Frauen in den WM-Staffeln Platz zwei, die Männer gehen dagegen leer aus.

Der Rennsteig zeigte sich am Samstag von seiner ungemütlichsten Seite. Stürmische Böen peitschten durchs Stadion und über die Strecke, der Regen prasselte unaufhörlich auf die 23.500 Besucher nieder. Doch als die dritte WM-Medaille bei dieser Biathlon-WM unter Dach und Fach war, schienen sämtliche Wetterunbilden vergessen. Die bunte Zuschauerwand schunkelte, sang und tanzte ausgelassen.

Mit Silber im 4-x-6-km-Staffelrennen sicherten sich die deutschen Frauen das ersehnte Edelmetall vor heimischer Kulisse, nachdem ihre männlichen Teamkollegen wenige Stunden zuvor als Fünfter leer ausgegangen waren. „Das hat auch uns mächtig geärgert“, sagte Frauen-Trainer Kristian Mehringer, der seine Schützlinge daraufhin noch einmal eingeschworen und „in den Attacke-Modus“ versetzt hatte.

Tatsächlich ließen sich Vanessa Voigt, Hanna Kebinger, Sophia Schneider und Denise Herrmann-Wick von den widrigen Bedingungen nicht verunsichern. Sie legten den Grundstein für den Sprung aufs Podest mit lediglich sechs Nachladern am Schießstand. Am Ende fehlten nach 1:15.04,4 Stunden 24,7 Sekunden auf Italien. Der Überraschungsweltmeister benötigte nur zwei Extrapatronen. Dritter wurden die Schwedinnen trotz zweier Strafrunden und elf Nachladern (55,7 Sekunden zurück).

„Wir feiern Silber wie Gold“

Bis zur letzten Schießprüfung war für das Quartett mit den drei WM-Debütantinnen Voigt, Kebinger und Schneider sogar Gold in Reichweite. Doch beim Stehend-Showdown zog Herrmann-Wick gegen die nervenstarke Lisa Vittozzi den Kürzeren. Der verpassten Chance trauerte die Sprintweltmeisterin allerdings nicht allzu sehr nach: „Auf diese Medaille haben wir das ganze Jahr hin gefiebert. Sie geholt zu haben, macht uns superglücklich. Sie ist für das gesamte Team, für ganz Biathlon-Deutschland.“

Sie bedankte sich bei ihren Kolleginnen für die starken Vorleistungen. Vanessa Voigt konnte das Team auf ihren Heimstrecken als Startläuferin in die Spur bringen. Mit fehlerfreiem Schießen übergab sie in der Spitzengruppe. Vergessen waren die enttäuschenden Ergebnisse der ersten WM-Woche: „Ich bin mit einem Lächeln aufgestanden und wusste: Das wird unser Tag“, meinte sie. Kebinger und Schneider brachten ihre Schlussläuferin in eine Top-Verfolgerposition. Herrmann-Wick machte den Medaillengewinn perfekt. „Wir feiern Silber wie Gold“, kündigte Mehringer an.

Deutsche Männer nach fünf Strafrunden chancenlos

Etwas bedröppelt schauten derweil die deutschen Männer drein. Ihnen hatten fünf Strafrunden und acht Nachladepatronen die angestrebte Medaille im 4-x-7,5-km-Rennen gekostet. Das Quartett mit Justus Strelow, Johannes Kühn, Roman Rees und Benedikt Doll kam mit den stürmischen Böen am Schießstand weitaus weniger zurecht als die Konkurrenz. Zudem konnten die Deutschen auch läuferisch mit den Top-Teams nicht mithalten. Nachdem Kühn drei und Doll zwei Extrarunden drehen mussten, betrug der Rückstand enorme 3:51,8 Minuten.

Gold sicherten sich sensationell nicht die favorisierten Norweger, sondern Frankreich nach 1:21.48,8 Stunden (1 Strafrunde/9 Nachlader). Dessen Schlussläufer Quentin Fillon Maillet vermasselte Johannes Thingnes Bö den Traum von sieben WM-Titeln. Letztlich wogen aber zwei Strafrunden und 14 Extrapatronen selbst für die läuferisch so starken Norweger zu schwer. Mit einem Rückstand von 38,8 Sekunden landeten sie auf Rang zwei vor Schweden (1+13/1:39.9 Minuten zurück).

Lange war unklar, ob die Staffelrennen überhaupt stattfinden würden. Eine Sturmwarnung mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 85 Kilometern pro Stunde hatte bereits am Freitagabend zu einer Krisensitzung mit den Oberhofer Organisatoren und dem Weltverband geführt. Erst am Samstagmorgen wurde entschieden, dass gestartet werden kann.

Am Sonntag gehen die Titelkämpfe mit den beiden Massenstarts zu Ende. Insgesamt acht deutsche Athletinnen und Athleten werden dabei sein. 12.30 Uhr sind die Männer mit Doll, Rees, Kühn und Strelow an der Reihe. 15.15 Uhr folgen die Frauen mit Herrmann-Wick, Voigt, Schneider und Kebinger.