Erfurt. Vor 20 Jahren entstand beim SSV Erfurt Nord die Rugby-Abteilung. Seitdem schreiben die „Oaks“ eine Erfolgsgeschichte.

Als vor zwei Jahrzehnten der gebürtige Jenenser Rugbyveteran Michael Flohr mit Sascha Nenninger die Abteilung Rugby beim SSV Erfurt Nord aus der Taufe hob, war ihm sicher noch nicht klar, welche kleine Erfolgsgeschichte sich bald daran anschließen sollte.

Schnell fanden sich einige Damen und Herren zusammen, die sich für diesen kontaktintensiven Mannschaftssport mit dem besonderen Spirit begeistern konnten. Darunter mit Bernd Körber und Michael Hein Rugbyspieler aus DDR-Zeiten sowie mit Bruce Holdaway ein Neuseeländer, der mit Rugby im Blut schnell eine Führungsrolle im Team übernahm. Von der Gründung im Mai 2001 dauerte es nur wenige Wochen, bis die Erfurt Oaks (auf Deutsch: Eichen) zu einem richtigen Test auf dem Platz standen. Die Männer traten mit Unterstützung aus Jena zu einem 15er-Spiel in Bamberg an, die Frauen starteten im Herbst mit einem eigenen Team in der 7er-Regionalliga.

Wir sind ein Team: Nach dem Generationswechsel 2007 wechselten die Herren der Oaks von der 15er- zur schnelleren 7er-Variante.
Wir sind ein Team: Nach dem Generationswechsel 2007 wechselten die Herren der Oaks von der 15er- zur schnelleren 7er-Variante. © Sascha Fromm

Von da an ging es einige Jahre nur bergauf. Besonders die Damen wurden schnell zu einem regionalen Aushängeschild des Sports. Nach dem überraschenden Meistertitel in der Auftaktsaison 2001/02 folgten sechs weitere Podiumsplätze in der Regionalliga und einige Qualifikationen für die Turniere um die deutsche Meisterschaft. Basierend auf ihren Erfolgen übernahmen die Frauen auch in der Vereinsführung eine Zeit lang das Zepter.

Die Herrenmannschaft begann als Spielgemeinschaft mit Halle, Gera und Jena in der Regionalliga und konnte schließlich ab der Saison 2005/06 als eigenständige Mannschaft auflaufen. Der dritte Platz in der Auftaktsaison der Regionalliga Nord-Ost zeigte, dass sich die Oaks nicht nur numerisch gut entwickelt hatten. Mittlerweile hinterließ mit Matt Herriott ein weiterer „Kiwi“ Spuren bei den Eichen setzte als Spielertrainer entsprechende Impulse. Mit dem Besuch des alten Vereins ihres Gründertrainers Flohr aus den Niederlanden sowie den Mannschaftstouren nach Edinburgh und Montpellier schnupperten die Oaks auch internationales Rugbyflair, die Begeisterung der Community wuchs.

Nach Generationswechsel spielten die Herren der Oaks in der 7er-Liga mit

Frauenpower: Speziell in den Anfangsjahren bestimmte das starke Damenteam der Oaks das sportliche Niveau im Verein und in der Regionalliga.
Frauenpower: Speziell in den Anfangsjahren bestimmte das starke Damenteam der Oaks das sportliche Niveau im Verein und in der Regionalliga. © Sascha Fromm

Nachdem die erste Spielergeneration sich nach und nach verabschiedet hatte, gelang es den Herren immer seltener, einen Kader für eine 15er-Ligamannschaft zu stellen. So mussten sie sich 2007 aus dem Spielbetrieb verabschieden. Die neu gegründete mitteldeutsche 7er-Liga bot den verbliebenen und neuen Spielern jedoch eine ideale Möglichkeit, weiter auf Wettbewerbsebene zu agieren und es den erfolgreichen Damen in der schnellen Variante des Sports nachzuahmen. Seither gehören die Oaks zum festen Kern der Mannschaften der regionalen 7er-Liga. Durch die Kooperation mit dem Hochschulsport der Uni Erfurt und der Uni Ilmenau kamen seit 2006 zudem immer wieder studentische Spielerinnen und Spieler zu den Oaks.

Aufwind für das 15er-Rugby gab es noch einmal in den Jahren 2010 bis 2012 unter dem georgischen Spielertrainer Aka Tsintsadze. Er reaktivierte nicht nur ein paar „Alt-Eichen“, sondern begeisterte auch eine neue Spielergeneration. Ein Wiedereinstieg in die 15er-Regionalligasaison 2011/2012 mit einigen Erfolgen war die logische Konsequenz. Passend zur elfjährigen Jubiläumsfeier konnten die Oaks so auch ihren Gästen aus den Partnerstädten Haifa und Mainz im Sommer 2012 eine angemessene sportliche Rugbybühne bieten. Tsintsadzes plötzliche Rückkehr in die Heimat resultierte jedoch im Rückzug vom Spielbetrieb nach nur einer Saison und dem erneuten Fokus der Herren auf die 7er-Variante.

Nachwuchs-Rugger sorgen für Erfolge und sogar zwei Nationalspielerinnen

Trotz dieses kleinen Rückschlags war der nächste Aufwind für das Erfurter Rugby längst zu spüren. Mit dem Aufbau der Schulmannschaften an der Edith-Stein-Schule ab 2010 entwickelte sich der Schulsportverein schnell zur Nachwuchsschmiede für den SSV Erfurt Nord. Seither sind es vor allem die kleinen „Rugger“, die für Schlagzeilen sorgen. Dem überraschenden ersten deutschen Schulmeistertitel 2011 folgten 2015 und 2018 zwei weitere Titel sowie einige Podiumsplatzierungen. Bei der zweiten Ausrichtung der deutschen Schulmeisterschaften nach 2014 in Erfurt konnten die einheimischen Teams der Edith-Stein-Schule 2018 in vier Altersklassen starten. Auch von anderen Schulrugbyturnieren in der ganzen Republik kehrten die Erfurter regelmäßig mit Pokalen zurück. Dabei waren es oftmals die Mädchen, die mit ihren Leistungen für Furore sorgten. Mit Frederike Schwarz und Ida Gold gingen bereits zwei U-18-Nationalspielerinnen aus den Schulteams hervor.

Foto mit dem Rugby-Weltstar: Der Südafrikaner Morné Steyn (in Schwarz) war 2014 zu Gast bei den Oaks und ist Ehrenmitglied.
Foto mit dem Rugby-Weltstar: Der Südafrikaner Morné Steyn (in Schwarz) war 2014 zu Gast bei den Oaks und ist Ehrenmitglied. © Marco Schmidt

Selbst auf Vereinsebene mischen die Schüler ordentlich mit. Ihre Ausflüge zu den United World Games nach Klagenfurt 2013, 2016 und 2019 kulminierten zuletzt in der Silbermedaille für die Jüngsten.

Es ist aber auch diese Generation von Erfurter Rugbyspielern, die am meisten unter der anderthalbjährigen Corona-Unterbrechung leidet. Nach 22 nationalen und internationalen Turnieren in Folge auf dem Podium konnten sie 2019 in der U 12 in der mitteldeutschen Nachwuchsliga noch den Herbstmeistertitel erringen. Seitdem warten sie vergeblich auf ihre Chance, auch bei nationalen Meisterschaften ihre Qualitäten unter Beweis zu stellen.

Ähnlich erging es 2019 dem aktuellen Herrenteam der Oaks, das mit einigen Spielern der Nachwuchsschmiede gespickt war. Auf Platz eins liegend hatten sie den ersten Titel in der mitteldeutschen 7er-Liga bis Abbruch klar im Visier. Trainer Fabian Scheuring hofft aber mit dem aktuellen Wiederaufbau und weiterem Schwung aus dem Nachwuchs, dort anknüpfen zu können.

Schließlich wollen die Eichen das noch intensiv zu feiernde 20-jährige Jubiläum nicht nur für einen Rückblick nutzen. Es soll der Auftakt einer neuen Ära des Rugbysports in Thüringens Landeshauptstadt sein.