Gotha. Am 25. Mai vor 160 Jahren schlug die Geburtsstunde des Gothaer Turnvereins.

Das Coronavirus hat den Trainingsbetrieb des Gothaer Turnvereins 1860 (GTV) lahm gelegt, der Hallensport wurde komplett eingestellt. Und das ausgerechnet im Jahr des 160. Vereinsjubiläums. „Das sportliche Vereinsleben ist leider nahezu zum Erliegen gekommen", erklärt Heiko Machalett, Vorsitzender des Fördervereins des GTV. Doch die Turner lassen sich nicht unterkriegen und haben ihre Trainingseinheiten seit den Lockerungen der Corona-Einschränkungen nach draußen in die Natur verlegt.

Ein besonderes Highlight für den Jugendtrainer und Vorsitzenden des GTV, Mike Schröder, war das Training im Landschaftspark an der GutsMuths-Gedächtnishalle in Schnepfenthal. „Das war eine coole Sache und hat großen Spaß gemacht.“ Dort konnten die jungen Turner nicht nur an historischen Sportgeräten, sondern sich auch auf Spurensuche nach den Anfängen des Turnens begeben. Denn in dem Waltershäuser Ortsteil hat die Turnerbewegung in Deutschland vor 235 Jahren ihren Anfang genommen.

Der Sportpädagoge Christoph Friedrich Gutsmuths führte dort seit 1785 in der von Christian Gotthilf Salzmann begründeten Erziehungsanstalt gymnastische Übungen in den Schulalltag ein. Der als Turnvater bekannt gewordene Friedrich Ludwig Jahn trug das Turnen dann in das bürgerliche Leben. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts fasste die Turnerbewegung auch in Thüringen Fuß. Der erste Turnplatz Gothas befand sich auf dem Gelände der heutigen Herzog-Ernst-Schule.

In Coburg wurde Grundsteinfür Vereinsgründung gelegt

Endgültig entfacht wurde die Begeisterung für das Turnen im Juni 1860 mit dem ersten deutschen Turnerfest in Coburg. In dessen Vorfeld gab es eine regelrechte Welle von Vereinsgründungen in Thüringen, so auch am 25. Mai 1860 die Gründung des GTV, der neben dem Schützenverein einer der ersten Gothaer Sportvereine war. Schröder ist stolz auf die lange Vereinsgeschichte: „160 Jahre – das ist eine Zahl, die nicht viele Vereine schaffen.“ Ein Jahr später zelebrierten zahlreiche Thüringer Vereine gemeinsam das Gothaer Schützen- und Turnerfest.

Noch heute gehört geselliges Beisammensein zum Turnerdasein dazu. Die Jubiläumsfeier zum 160-jährigen Bestehen des GTV fand gleich zu Beginn dieses Jahres am 11. Januar statt. „Aus heutiger Sicht war das ein Glücksfall, denn so konnten wir noch zusammen feiern, bevor es durch Corona nicht mehr möglich war“, blickt Schröder zurück.

Während der Corona-Krise habe sich der Zusammenhalt im Verein besonders bewährt. „Die Mitglieder stehen zu uns und haben mit viel Verständnis auf die Einstellung des Trainingsbetriebes reagiert“, sagt Machalett. „Wir hatten keine Austritte zu verzeichnen.“

Trotz des sportlichen Stillstandes ließ der GTV die letzten Wochen nicht ungenutzt verstreichen. „Wir haben unser Vereinshaus in Altenbergen weiter auf Vordermann gebracht“, erzählt Schröder. Seit 2016 hat der GTV in dem Ortsteil der Landgemeinde Georgenthal ein Domizil für das Vereinsleben gefunden. „Dort können alle einfach mal zusammenkommen“, sagt Werner Oschmann. Er ist ein wahres Turner-Urgestein und bereits seit 60 Jahren Mitglied im GTV. „Ich werde schon als Inventar mitgeführt“, erzählt er lachend. Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß er, dass Vereinsleben mehr bedeutet als Training und Wettkämpfe. „Ich habe viele Kinder im Verein aufwachsen sehen, es geht bei uns alles sehr familiär zu.“

Zuversicht, was das beliebteZeltlager vor den Ferien angeht

Ein jährlicher Höhepunkt des Vereinslebens ist das Zeltlager am letzten Wochenende vor den Sommerferien. Durch die Corona-Krise stand dieses bei Kindern wie Erwachsenen beliebte Event lange auf der Kippe. Doch Machalett und Schröder sind zuversichtlich: „Wir sind organisatorisch so aufgestellt, dass wir auch kurzfristige Entscheidungen treffen können. Es ist bereits alles vorbereitet und sobald es die allgemeinen politischen Vorgaben erlauben, wollen wir das Zeltlager durchführen.“ Der Vorstand will am kommenden Mittwoch tagen und das weitere Vorgehen besprechen. Machalett und Schröder sind sich sicher: „Noch ist nichts verloren.“