Erfurt. Nach einem schweren Sturz und der Corona-Zwangspause wartet der Erfurter auf die deutsche Meisterschaft.

Viel mehr Pech kann man als Radsportler kaum haben. Marc Jurczyk vom RSC Turbine Erfurt flog Anfang November letzten Jahres beim Weltcuprennen in Minsk (Weißrussland) beim Keirinsprint in der letzten Runde mit 70 km/h über einen vor ihm gestürzten Fahrer vom Rad und verletzte sich dabei schwer. Nach einem Schlüsselbeinbruch musste der 24-Jährige zweimal operiert werden und zog sich zusätzlich noch eine tiefe Fleischwunde links unter den Rippen zu. Die Folge: über zwei Monate Trainingspause.

Sprichwörtlich aus der Bahn werfen konnte ihn das nicht. Mit dem Radsport hatte er schließlich seine Bestimmung gefunden. Zuvor hatte sich der gebürtige Böblinger beim Fußball, der Leichtathletik und beim Golfen versucht. Als 12-Jähriger begann er schließlich als Mountainbiker mit dem Radsport. Dann wechselte das Talent auf die Straße. Beim Training wurde er vom früheren Olympiasieger mit den Bahnradvierer, Hans Lutz, der bis heute sein Manager ist, entdeckt und bekam bei der RSG Böblingen seinen erste Radsport-Lizenz.

Frühzeitig in der Landesauswahl

Bereits in der Altersklasse U15 gehörte er der Landesauswahl von Baden-Württemberg an. Über die U17 kam Marc Jurczyk als bis dahin 13-facher deutscher Meister auf Bahn und Straße in die U19, wo er sich schließlich auf die Bahnrennen spezialisierte. Bereits im ersten U19-Jahr wurde er Vizeweltmeister im Omnium auf der Bahn in Glasgow, im letzten Juniorenjahr folgte in Seoul im Madison abermals WM-Silber. 2014 holte er bei den deutschen Bahnmeisterschaften im Sprint und 100-m-Zeitfahren die Goldmedaille, im Keirin wurde er Zweiter und mit dem Bahnvierer Dritter. Danach fühlte sich Marc Jurczyk im Sprint immer besser und wurde von U23-Bundestrainer Carsten Bergemann (Dresden) zu einen Bahnlehrgang nach Frankfurt/Oder eingeladen.

Als er Bergemann von seiner besonders ausgeprägten Sprintveranlagung überzeugt hatte, riet ihm dieser zur weiteren Leistungsoptimierung nach bis dahin etwa 150 Siegen in ein Sprintteam nach Cottbus, Chemnitz oder Erfurt zu wechseln.

„Da Erfurt meiner Heimat am nächsten liegt und noch mehr junge Fahrer hatte, entschied ich mich für das Sprintteam Thüringen. Das spezielle Training unter Tim Zühlke gemeinsam mit Kristina Vogel, Pauline Grabosch, René Enders, Jan May und Max Dörnbach machte Spaß und brachte mich voran“, so der Wahl-Erfurter. Und es zahlte sich bald aus: 2016 bei der U23-Europameisterschaft in Montichiari (Italien) holte er nach äußerst knappem Fotofinish die Silbermedaille im Keirin. Dem folgte bei Jurczyks erster Elite-Europameisterschaft in Paris der vierte Keirinplatz. Bei der Weltmeisterschaft in Hongkong erzielte er als Sechster im Keirin die beste deutsche Platzierung.

Im Sprint war Kumpel Dörnbach vorn

Seine Medaillensammlung setzte er mit dem U23-EM-Titel in Anadia (Portugal) und auf der Holzbahn im schweizerischen Aigle im Sprint fort. Inzwischen vom Sprintteam Thüringen zum Team Theed Projekt Cycling nach Chemnitz gewechselt, durfte er nach der erfolgreichen Elite-WM im polnischen Pruszkow bei den nationalen Titelkämpfen im vergangenen Jahr im Berliner Velodrom nach dem Keirin, den 1000 m und dem Teamsprint dreimal ein Meistertrikot überziehen. Im Sprint wurde er hinter Kumpel Max Dörnbach Zweiter.

Nach einem Lehrgang mit der Nationalmannschaft musste sich Jurczyk einer erneuten Operation unterziehen. Nun will er sich davon erholen und seine 2016 begonnene Ausbildung bei der Bundespolizei abschließen. Er hat ein klares Ziel, das er aber vorsichtig formuliert: „Niemand weiß, wann und wie es nach Corona mit dem Sport weitergeht. Sollte es dieses Jahr doch noch zu einer nationalen Meisterschaft kommen, werde ich versuchen, meine drei Titel zu verteidigen.“